Erfurt. Die ehemalige Thüringer Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht hat die verantwortlichen Politiker in Bund und Ländern gewarnt, Demonstrationen in der Energiekrise zu delegitimieren. "Demonstrationen können für Politiker unangenehm sein - trotzdem sind sie ein legitimes Mittel der Demokratie", sagte sie der Wochenzeitung "Die Zeit".
Zwar gefielen ihr manche Parolen nicht, aber: "Kritik am Regierungshandeln ist eine Möglichkeit, sich an der Demokratie zu beteiligen. Das muss man als Politiker aushalten." Lieberknecht ist Pastorin im Ruhestand, vor 1989 gehörte sie dem Reformflügel der Ost-CDU an, 1990 wurde sie Bildungsministerin und erlebte selbst Massenproteste gegen ihre Politik. In der Zeitung gestand sie, es sei nicht leicht gewesen, "10.000 wütenden Menschen gegenüberzutreten".
Doch sie glaube, sie habe sich auf Demos "immer ganz gut geschlagen". Lieberknecht kritisierte rechtsextreme Akteure: "Jeder Demonstrant muss selber darauf achten, mit wem er sich gemeinmacht." Sie sagte aber auch: "Rechte Parteien haben ein Demonstrationsrecht, egal, wie ich ihre Positionen finde. Schon deshalb sollten Politiker nicht die gegen sie gerichteten Demos für illegitim erklären."
Sie warnte vor einer Entfremdung von Regierung und Bürgern. "Wenn der Staat sich abschottet, vertieft sich der Riss." Berechtigt seien vor allem die Ängste der Bürger vor Energiekrise, Teuerung und Firmenpleiten. "Ich kann der Politik nur raten, sich den Demos zu stellen und sie nicht zu delegitimieren."
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