Berlin. In Deutschland haben seit Beginn der Impfkampagne gegen Covid-19 insgesamt 6.682 Personen Anträge auf Anerkennung eines Impfschadens bei den zuständigen Behörden gestellt. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (Mittwochsausgabe).
Der größte Teil der Anträge liegt demnach in Bayern vor. Beim dortigen Zentrum sind 1.617 Anträge eingegangen. Bundesweit wurden mittlerweile 285 Anträge genehmigt, 2.075 Anträge wurden abgelehnt, der Rest befindet sich noch im Prüfverfahren oder wurde von den Antragstellern selbst nicht mehr weiterverfolgt. Positiv beschieden wurden bisher vor allem Fälle von Herzproblemen wie der Myokarditis, Hirnfunktionsstörungen, Hirnvenenthrombosen und neurologische Schäden.
Manche Entschädigte haben aber auch erhöhte Blutungsneigungen, Narben am Impfarm, Inkontinenz, Lähmungen oder Embolien. Vereinzelt wurden Todesfälle in Folge der Impfung anerkannt, etwa nach einer Hirnvenenthrombose, die Zahl liegt unter 20. In mindestens 1.043 Fällen haben die Antragsteller Widerspruch gegen einen negativen Bescheid eingelegt, mindestens 129 Klagen gegen die Behörden sind bereits anhängig. Wenn Nebenwirkungen besonders schwerwiegend sind, gelten sie als "Impfschaden" nach dem Infektionsschutzgesetz. Voraussetzung ist, dass sie "über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehen" und mindestens sechs Monate andauern, schreibt das Robert-Koch-Institut.
Dann haben Betroffene Recht auf eine monatliche Grundrente vom Staat, die abhängig von der Schwere des Schadens bis zu 854 Euro pro Monat betragen kann. Zuvor wird aber durch Gutachter geprüft, ob das Gesundheitsproblem tatsächlich auf die Impfung zurückzuführen ist. Manche Geimpfte bemühen sich zudem nicht nur um die behördliche Anerkennung eines Impfschadens und damit um eine Rente vom Versorgungsamt. Es gibt auch Klagen direkt gegen die Hersteller, um zusätzlich Schmerzensgeld oder Schadenersatz zu bekommen.
Welchen Weg Betroffene gehen, liegt in ihrem Ermessen - und, wenn sie keinen Anwalt finden, den sie nur im Erfolgsfall bezahlen müssen, auch an ihren finanziellen Möglichkeiten. "Jeder Einzelfall eines Impfschadens ist natürlich traurig, aber man muss das in Relation setzen", sagte Carsten Watzl, der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie: "In Deutschland wurden fast 65 Millionen Menschen geimpft." Und während einige Menschen schwerere Nebenwirkungen erlitten haben, haben die Impfstoffe Millionen Menschen vor einem schweren Krankheitsverlauf bewahrt und Zigtausende vor dem Tod. Menschen, die von einem Impfschaden betroffen sind, haben es oft schwer, ihre Ansprüche durchzusetzen.
Die Rechtsanwältin Anja Dornhoff aus Kirchen im Siegerland, die bereits seit vielen Jahren Mandanten vertritt, die mutmaßlich durch Impfungen geschädigt wurden, sagte der SZ: "Am einfachsten für meine Mandanten ist es, wenn der Arzt schon im Arztbrief vermerkt: Zustand nach Covid-Impfung", sagte sie. "Aber leider versäumen das viele Ärzte." Manche Ärzte kommen gar nicht auf die Idee, dass es sich bei dem Problem um eine Impfnebenwirkung handeln könnte. Dornhoffs Erfahrung nach melden Ärzte nur das als Verdachtsfall, was bereits anerkannt ist.
"Dadurch werden die tatsächlichen Verdachtsfälle untererfasst", sagte sie. So seien auch die Meldungen für Hirnvenenthrombosen und Herzmuskelentzündungen sprunghaft angestiegen, als diese breit in den Medien als Impffolgen diskutiert wurden. Doch selbst bekannte Nebenwirkungen sind vielen Ärzten nicht bewusst, oder sie halten sie für unwahrscheinlich. Dornhoff vertritt derzeit rund 100 Fälle von mutmaßlichen Impfschäden nach der Corona-Impfung.
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