Der Kulinarisch38-Brötchencheck (4). Bäckerei Tutschek

von Andreas Molau




Mit der Bäckerei Tutschek haben wir in unserer Kulinarisch38-Region ein Stück schlesische Backtradition. Wir probierten die legendären Breslauer Semmeln.


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Therese Tutschek[/image] In der Region haben wir einige Bäcker mit schlesischer Tradition. Nach dem Krieg, als Deutsche selbst flüchten mussten, kamen viele Schlesier von Osten ins Braunschweiger Land. Die Bäckerei Fucke, deren Brötchen wir hier schon vorgestellt haben, ist so eine. In Wolfenbüttel gibt es Reuß – die Brötchen sind bereits verkostet und werden noch besprochen. Und nun ging’s zur Eröffnung von Tutscheks gläsernem Backhaus nach Braunschweig. Etwas abgelegen liegt es auf der Büchnerstraße 23. Auf ältere Navis sollte man sich nicht verlassen. Denn dann landet man in einer Sackgasse. Vom Westbahnhof ist das Backhaus aber gut zu erreichen. In einem kleinen Backcafé kann man es sich gemütlich machen, wenn es jetzt draußen kalt wird. Und durch Fensterfronten hat der Besucher alles im Blick, was in der Backstube so passiert. Jedenfalls, wenn er früh genug aufsteht. »Wir haben hier alles selbst eingerichtet«, freut sich Therese Tutschek, mit der ich verabredet bin.


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Die Breslauer Semmeln.[/image]

Komplizierte Zubereitung

Ihr Vater führt den Betrieb und nun lernt auch sie das Bäckerhandwerk von der Pike auf. Heute geht es erst einmal nur ums Brötchen. Und, wie sollte es anders sein, bei einem Bäcker mit schlesischer Vergangenheit gibt es natürlich Breslauer Semmeln. In einem Bäckerfachbuch aus den 30er Jahren wird die Schlesische oder Breslauer Semmel als das »verbreitetste Kleingebäck in Schlesien« bezeichnet. Charakteristisch ist der breite Ausbund entlang der Längsachse des Brötchens. Die Schlesischen Semmeln sind immer ein Pärchen. Die Herstellung durch Reißen und Einrollen des Teiglings wird in dem in dem alten Fachbuch genau beschrieben: »Die geteilten Teigstücke werden zuerst mit einer Hand langgemacht und dann mit beiden Händen über den Daumen weg in der Mitte durchgerissen. Nun werden die beiden Stücke je mit einer Hand auf der Beute kräftig geschlagen, breitgezogen und von den drei Mittelfingern, die man gespreizt hält, so bearbeitet, dass sich die Seiten des Teigstückes nach innen einrollen. Hierbei bildet sich ein Riss.«


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Leckerer Geschmack

Keine Angst, das Aufschneiden dieser Spezialität aus der Bäckerei Tutschek ist leichter. Das Brötchenmesser sägt sich gemütlich durch die tolle Krustenfläche und gibt eine feine Krume frei, die nicht so aufgeblasen wirkt, wie man das oft schon von Industriebrötchen kennt. Bei Tutschek ist der Teigling mit zehn Prozent Roggen und zehn Prozent Sauerteig hergestellt. Der Rest ist Weizenmehl. Fertige Backmischungen werden nicht verwendet, wie Therese Tutschek versichert. Das Rezept stammt noch aus der Zeit, als die Bäckerei in Schlesien zu Hause war. Geschmacklich sind die Breslauer Semmeln mehr als frühstückstauglich. Die Krustenfläche ist besonders groß und verspricht damit mehr Genuss. Für alle, die Abwechselung lieben, sind kleinere Brötchen »belegungstechnisch« natürlich sowieso ideal. Wie gut, dass es Bäcker gibt, die dieses elementare Handwerk pflegen. Gutes Brot ist die halbe Miete zum Leben. Denn, wie heißt es in einem alten schlesischen Sprichwort so schön: »Breslauer Semmeln und schweidnitzer Brot; wer’s immer hätte, der litte nicht Not.«


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