Region. Niedersachsen legt als erstes Bundesland einen detaillierten Fahrplan für einen Weg aus dem Corona-Lockdown vor - und er ist ambitioniert. Schon am 11. Mai sollen alle Geschäfte unabhängig von ihrer Größe wieder öffnen dürfen, es darf unter Auflagen wieder in Restaurants gegessen werden und sogenannte "kundennahe Dienstleistungen" wie Kosmetik- und Nagelstudios können wieder arbeiten. 14 Tage später sollen die nächsten Lockerungen folgen. Die Landesregierung stellte ihren Plan in der Landespressekonferenz am heutigen Montag vor.
Obwohl die Schätzung der Reproduktionszahl immer schwieriger und ungenauer wird, je kleiner die Fallzahlen werden, sieht die Landesregierung eine deutliche und nachhaltige Entspannung im Infektionsgeschehen in Niedersachsen. Auch die Zahl der in den Krankenhäusern und insbesondere auf den Intensivstationen behandelten Patientinnen und Patienten ist weiter rückläufig: Lag die Auslastung der Intensivbetten in Niedersachsen Mitte April noch bei rund 25 Prozent, betrug sie am gestrigen Sonntag nur noch 16 Prozent.
Angesichts dieser erfreulichen Entwicklung in Niedersachsen, hat die Landesregierung jetzt einen Plan aufgestellt, wie auf dieser Grundlage schrittweise viele Einschränkungen reduziert werden können. Zusammen mit Fachleuten aus mehreren Ressorts wurde ein Stufenplan erarbeitet: der 'Niedersächsischer Weg in einen neuen Alltag mit Corona'. Es handelt sich um das bundesweit erste Gesamtkonzept dieser Art, wie die Pressestelle der Staatskanzlei in einer Pressemitteilung bekannt gibt.
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Nächste Lockerungen zum 11. Mai
Der Niedersächsische Weg enthält insgesamt fünf Stufen. Stufe eins laufe bereits und beinhaltet die Lockerungen zum 6. Mai. Stufe zwei soll zum 11. Mai realisiert werden, sofern die Neuinfektionszahlen und die Krankenhausbelegung weiter niedrig bleiben. Die dritte Stufe soll nach bisherigen Planungen kurz vor Pfingsten, also am 28. Mai, umgesetzt werden. Die zeitliche Abfolge der weiteren Stufen sei bewusst noch nicht festgelegt worden.
Einzelhandel und Restaurants
Laut dem Niedersächsischen Wirtschaftsminister Bernd Althusmann dürfen ab dem 11. Mai alle Einzelhandelsunternehmen unabhängig von ihrer Verkaufsfläche wieder öffnen. Die bisherige Begrenzung auf 800 Quadratmeter entfalle komplett. Dabei gebe es auch keine Differenzierung nach Branche mehr. "Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung wird für Kunden jedoch weiterhin verpflichtend sein", erinnert der Minister. Im Bereich der sogenannten "personennahen Dienstleistungen" sollen Kosmetik- und Nagelstudios am 11. Mai wieder Kunden empfangen dürfen. "14 Tage später können nach entsprechender Prüfung weitere dieser personennahen Dienstleistungen folgen", kündigt Althusmann an. Hierunter dürften beispielsweise Tattoo-Studios und Massagesalons fallen.
Ebenso könne der Gastronomiebetrieb ab dem 11. Mai "Mit Einschränkungen", wie Althusmann betont, wieder aufgenommen werden. "Im ersten Schritt dürfen 50 Prozent der Plätze in Restaurants, Cafés, Gaststätten und Biergärten belegt werden. Es herrscht außerdem eine Reservierungspflicht und die Einrichtungen müssen die Kontaktdaten ihrer Besucher aufnehmen", erläutert der Minister. In einer zweiten Stufe am 25. Mai solle dann eine weitere Lockerung folgen.
Bis auf Weiteres kein Indoor-Sport und keine Freibäder
Bereits im ersten Schritt ab dem kommenden Mittwoch dürfen verschiedene Sportangebote im Freien wieder genutzt werden, allerdings unter der Maßgabe, dass Duschen und Umkleidekabinen geschlossen bleiben. Wie die Staatskanzlei bekannt gibt, müssen sich Indoor-Sportanbieter wie Fitness-Studios noch mindestens bis zur dritten Stufe am 25. Mai gedulden, ebenso die Freibäder.
Lockerungen für Hotels und Pensionen
Auch im Bereich des Tourismus geht Niedersachsen voran: In der ersten Stufe kommen jetzt zunächst Dauercamper und Ferienhaus- beziehungsweise Ferienwohnungsbesitzer zum Zuge. Gleichzeitig werden auch diejenigen Inseln wieder für den Tagestourismus geöffnet, bei denen die Verantwortlichen vor Ort dies für vertretbar halten. Das Land überlässt die Entscheidung den Landkreisen und Kommunen.
Ab Mitte Mai sollen in einer zweiten Stufe Ferienhäuser oder Ferienwohnungen wieder angemietet werden können. Campingplätze werden dann auch für vorübergehende, mindestens siebentägige Aufenthalte geöffnet werden – allerdings zunächst nur mit einer 50-prozentigen Auslastung. Die 50-Prozent-Regel gilt dann auch für die rechtzeitig zu Pfingsten wieder zu öffnenden Hotels und Pensionen. Auch hier sollen rasche Wechsel von Gästen ebenso verhindert werden, wie allzu viele Begegnungen in geschlossenen Räumen. Die Details und das weitere Vorgehen sollen binnen einer Woche zwischen den Kommunen und den Branchenverbänden erarbeitet werden.
Krankenhäuser bleiben auf Standby
Zu den elektiven Eingriffen, also medizinisch nicht zwingend notwendige und verschiebbare Eingriffe wie Hüft- und Rückenoperationen, äußerte sich die Niedersächsische Gesundheitsministerin Carola Reimann: "Wir haben uns entschlossen den Niedersächsischen Krankenhäusern zu erlauben, ab dem kommenden Mittwoch wieder elektive Eingriffe vorzunehmen. Reha-Kliniken können den Betrieb zum 11. Mai ebenfalls wieder aufnehmen", so die Ministerin. Um im Falle einer möglichen zweiten Infektionswelle gewappnet zu sein, müsse jedoch ein sogenanntes "atmendes Sicherheitssystem" eingerichtet werden.
Dies bedeute, dass 25 Prozent aller Beatmungsplätze weiterhin für mögliche COVID-19 Patienten vorgehalten werden müssen, ebenso müssten Betten auf den Normalstationen reserviert bleiben. "Darüber hinaus verpflichten wir die Krankenhausträger, bei einer Dynamisierung des Infektionsgeschehens binnen 72 Stunden weitere 20 Prozent ihrer Beatmungskapazitäten zur Verfügung zu stellen", so die Reimann weiter.
Absage für Lockerungen bei Kontaktbeschränkungen
Trotz, dass Sachsen-Anhalt die Anzahl der Menschen, die sich in der Öffentlichkeit treffen dürfen jüngst auf fünf erhöht hat, wolle man in Niedersachsen an der bestehenden Vorgehensweise festhalten. Anderslautenden Forderungen erteilte Weil eine klare Absage. Bis Ende Mai sollen sich dem Ministerpräsidenten zufolge nur maximal zwei Personen gemeinsam in der Öffentlichkeit aufhalten dürfen. Ausgenommen seien nach wie vor Personen aus dem eigenen Haushalt.
Über den Alleingang Sachsen-Anhalts zeigte sich Weil enttäuscht: "Ich bin gespannt auf die Diskussionen in der Bund-Länder Runde am Mittwoch. Wenn wir allerdings wieder erleben werden, dass alle Länder um uns herum mit anderen Zahlen arbeiten, werden wir das in Niedersachsen neu bewerten müssen." Weil sprach sich erneut für ein gemeinsames und abgestimmtes Vorgehen aller Länder aus.
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