Berlin. In den EU-Institutionen ist die Zahl der deutschen Mitarbeiter unterrepräsentiert. Laut einer Auswertung der EU-Kommission verschärft sich das Problem aktuell auch noch deutlich.
Der Grund: Von den höheren Beamten, unter denen Deutsche noch vergleichsweise stark vertreten sind, gehen derzeit viele in Pension, wie die "Bild" in ihrer Mittwochausgabe aus der Analyse zitiert. Und auf der Ebene der Einsteiger bis zur mittleren Beamten-Ebene ist das Defizit besonders extrem. Den offiziellen Zahlen zufolge liegt der Anteil dort bei 7,9 Prozent, angepeilt wird in Brüssel aber ein Anteil von 13,8 Prozent.
Vor dem Hintergrund, dass Deutschland große Teile des EU-Budgets trägt, regt sich Kritik. Daniel Caspary, Chef der CDU/CSU-Landesgruppe im EU-Parlament, sagte der "Bild": "Wir sehen mit großer Sorge, dass der Anteil deutscher Mitarbeiter bei den europäischen Institutionen immer weiter zurückgeht. Wer deutsche Interessen einbringen und deutsche Besonderheiten berücksichtigt haben möchte, der braucht mehr deutsche Mitarbeiter in den europäischen Einrichtungen." Caspary fürchtet, dass sich die Situation verschärft, wenn die Politik nicht gegensteuert: "Wer heute zu wenig deutsche Mitarbeiter hat, hat morgen zu wenig deutsche Spitzenbeamte - eine fatale Kettenreaktion, die wir dringend durchbrechen müssen."
Die EU-Kommission teilte auf Anfrage der Zeitung mit, bereits gegenzusteuern, um den Anteil unterrepräsentierter Nationen zu erhöhen. So werde etwa bei der Vergabe von Zeitverträgen mindestens ein Vorstellungsgespräch mit einem Staatsangehörigen eines unterrepräsentierten Mitgliedstaats geführt.
Über den Grund des fehlenden deutschen Nachwuchses sagte eine Sprecherin der EU-Kommission: "Die Gehälter in den EU-Institutionen sind für deutsche Staatsbürger möglicherweise nicht mehr attraktiv genug." Es gebe jedenfalls "nicht genug deutsche Bewerber im Vergleich zu anderen Nationalitäten".
Für Beamte liegt das Einstiegsgehalt nach Kommissionsangaben je nach Besoldungsgruppe zwischen 3.000 und 5.000 Euro, Vertragsbedienstete starten bei mindestens 2.500 Euro im Monat. Die Sprecherin sieht auch die Politik in der Pflicht: "Letztlich ist es auch Aufgabe der deutschen Regierung, hier aktiv zu werden."
Ähnlich sieht es der Bund der Steuerzahler. Vizechef Michael Jäger sagte derselben Zeitung: "Es kann doch nicht sein, dass Deutschland jeden vierten Euro für die EU bezahlt, aber im Verwaltungsapparat, der die Mittel verteilt, praktisch keinen Einfluss hat." Der Bundeskanzler müsse das Thema "zur Chefsache machen".
Deutsche in EU-Institutionen immer stärker unterrepräsentiert
In den EU-Institutionen ist die Zahl der deutschen Mitarbeiter unterrepräsentiert.
Sitz des Europäischen Rates und des Rates der EU (Archiv) | Foto: via dts Nachrichtenagentur

