Berlin. Die Bundesregierung hat einem mutmaßlichen russischen Spion ein Einreisevisum nach Deutschland ausgestellt, obwohl das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und ein Nachrichtendienst eines weiteren europäischen Lands dagegen Einspruch erhoben hatten. Der von den Diensten als Spion eingestufte Russe soll in Moskau erstmals im Juli ein Visum beantragt haben, wie der "Spiegel" berichtet.
Dafür legte er eine Einladung des russischen Generalkonsulats in Leipzig vor. Bei der Prüfung fielen die Einwände der Geheimdienste sofort auf, sein Antrag wurde abgelehnt. Im Zuge von Verhandlungen über die Akkreditierung von deutschem Botschaftspersonal in Russland soll die russische Seite den Fall dann erneut aufgebracht und um eine wohlwollende Prüfung gebeten haben. Im August stellte der Mann einen neuen Antrag.
Bei dem zweiten Versuch sei der deutschen Konsularabteilung der Spionageverdacht nicht mehr aufgefallen. Folglich wurde das Visum erteilt. Laut internen Recherchen war die Warnung des BfV durch einen Fehler übersehen worden. Inzwischen soll der Irrtum erkannt worden und das Visum für ungültig erklärt worden sein.
In westlichen Sicherheitsbehörden dürfte der Fall dennoch für Kopfschütteln sorgen - weil die Warnung eines anderen europäischen Staates ignoriert wurde. Deutschland gilt im Umgang mit russischen Spionen als besonders handzahm. Zwar hat die Bundesregierung im April 40 mutmaßliche Nachrichtendienstmitarbeiter des Kreml des Landes verwiesen, dennoch schätzen westliche Geheimdienste, dass in keinem anderen europäischen Land so viele als Diplomaten getarnte russische Agenten aktiv seien wie in Deutschland. Dass Deutschland weiterhin russische Diplomaten akkreditiert, wird in einigen Staaten mit Misstrauen betrachtet.
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