Braunschweig. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig kommt in der strafrechtlichen Aufarbeitung der sogenannten „Diesel-Affäre“ weiter voran. Die Strafverfolgungsbehörde hat nunmehr Anklage gegen sechs weitere Mitarbeiter der Volkswagen AG erhoben. Ihnen wird in unterschiedlichen Tatzeiträumen zwischen November 2006 und September 2015 insbesondere Betrug in einem besonders schweren Fall, mittelbare Falschbeurkundung und Steuerhinterziehung zur Last gelegt. Das teilt die Staatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung mit.
Gut neun Millionen manipulierter Autos verkauft
Die Angeschuldigten sind nach Überzeugung der Ermittler maßgeblich dafür verantwortlich, dass Behörden und Kunden in Europa und in den USA mit Hilfe einer in die Kraftfahrzeuge des Konzerns implantierten unzulässigen Software bewusst darüber getäuscht wurden, dass die Abgasnormen von Dieselfahrzeugen eingehalten würden, was tatsächlich bei weitem nicht der Fall war. Insgesamt seien so über die Jahre gut neun Millionen manipulierter und nicht zulassungsfähiger Kraftfahrzeuge veräußert, auf den Markt gebracht und verbotswidrig zum Straßenverkehr zugelassen worden. Denn in der Folge der Manipulationen, die dem Erhalt und Ausbau der Marktstellung von VW dienen sollten, seien aufgrund falscher Übereinstimmungsbescheinigungen des VW-Konzerns nachfolgend durch die zuständigen Straßenverkehrsbehörden unzutreffende Eintragungen in den Fahrzeugpapieren erfolgt. Zudem seien in Deutschland Fahrzeuge mit der vermeintlichen Emissionsklasse Euro 6 zu Unrecht befristet von der Kraftfahrzeugsteuer befreit worden.
Drei der angeschuldigten Führungskräfte wird in der Anklage täterschaftliches Handeln, den drei weiteren Beschuldigten Beihilfe zu den genannten Taten vorgeworfen. Letztere seien insbesondere wissentlich und willentlich an der Entwicklung, Verfeinerung und Verbesserung der Manipulations-Software beteiligt gewesen. Damit sind im Ermittlungskomplex NOx wegen der Software-Manipulationen zusammen mit der Anklage vom April 2019 nunmehr insgesamt elf Personen angeklagt. Die Ermittlungen zu diesem Sachverhalt gegen 32 weitere Beschuldigte dauern an.
Anklageschrift hat 876 Seiten
Die 876 Seiten starke Anklageschrift und die dazugehörigen umfangreichen Ermittlungsakten, darunter 121 Bände Hauptakten, 114 Beweismittelordner und 70 Sonderbände, sind vor wenigen Tagen dem zuständigen Landgericht Braunschweig übergeben worden. Die dort zuständige Wirtschaftsstrafkammer wird nunmehr zunächst die Zulassung dieser Anklage zur Hauptverhandlung prüfen. Über die Dauer dieser Prüfung können aufgrund der Komplexität der Materie und des Aktenumfanges keine Angaben gemacht werden.
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