Digitalisierung: Kommt der Gerichtssaal bald in mein Wohnzimmer?

Wenn es nach einigen hochrangigen Richtern geht, finden Gerichtsprozesse bald auch online statt. Kommt der Staatsanwalt also bald in mein Wohnzimmer?

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Kommt Justitia bald über den Bildschirm ins heimische Wohnzimmer? Symbolbild.
Kommt Justitia bald über den Bildschirm ins heimische Wohnzimmer? Symbolbild. | Foto: Pixabay

Region. In einer Pressemitteilung gibt das Niedersächsische Justizministerium bekannt, dass man zukünftig anstrebe, Gerichtsprozesse auch online abhalten zu können. Daran arbeiteten Arbeitsgruppen bayrischer Gerichte und des Bundesgerichtshofs schon seit über einem Jahr. Bis das Projekt praxistauglich ist, könnte jedoch noch einige Zeit ins Land gehen.


Die Idee ist denkbar einfach: Warum den Weg zum Gericht antreten, wenn Anwälte und Richter auch per Livevideo zugeschaltet werden könnten. Was in Coronazeiten für die meisten Unternehmen längst Standard ist, ist bei Gerichten aktuell kaum denkbar. Trotz Corona, Digitalisierung und überlasteter Gerichte, müssen Streitfälle nach wie vor in Präsenz verhandelt, egal wie klein sie auch sind. Wie das geändert werden könnte, haben die Richter beim ersten bundesweiten Zivilrichtertag besprochen. Im Zentrum der Onlinetagung standen dabei Arbeitsgruppen bayrischer Gerichte und des Bundesgerichtshofs.

Besonders bei niedrigen Streitwerten sei es wichtig digitale Rechtswege zu öffnen. Personen, die eigentlich Klagen könnten, um zu ihrem Recht zukommen, würden oftmals von den bürokratischen Hürden abgeschreckt. Ein elektronisches Verfahren sei weniger aufwendig und entsprechend weniger abschreckend. Das Gleiche gelte für den Kontakt mit Justizmitarbeitern. Ein digitales Bürgerportal könnte den Bürgern nicht nur als Ratgeber dienen, es könnte auch die Wege verkürzen. Hürden für Bürger könnten also fallen, gleichzeitig würden die Mitarbeiter der Justiz entlastet.

Rechtlich nicht ganz einfach


Auch wenn sich das digitale Gericht erst einmal nach einer Win-Win-Situation anhört, ist der Weg dorthin nicht ganz einfach. Auf dem Gerichtstag wurde allein dazu ein 125-seitiges Arbeitspapier erarbeitet, das jedoch noch nichts Abschließendes enthalte. Das Papier müsse zunächst mit vielen Akteuren besprochen werden, etwa der Politik, Wissenschaftlern oder Anwälten. Allzu schnell dürfte der digitale Prozess also nicht im eigenen Wohnzimmer stattfinden.

Stefanie Otte, Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle, erklärt aber, dass der Wille da sei. "Wir müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, um den Bürgerinnen und Bürgern einen besseren und moderneren Weg zu ihrem Recht zu bieten und auch weiterhin alle Teile der Gesellschaft zu erreichen". Dabei müsse auch über den eigenen Tellerrand hinausgeschaut werden. Man sei bereits mit Anwälten im Gespräch, um das Projekt zu konkretisieren. Dennoch dürfte nicht alles auf die Karte Digitalisierung gesetzt werden. Denn, so Otte weiter: "Der Richter als Mensch kann nicht durch Algorithmen ersetzt werden."


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