Berlin. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) übt scharfe Kritik an verkürzten Anhörungsfristen bei Gesetzgebungsverfahren, wie sie die Ampel-Koalition zuletzt häufiger gesetzt hat. Konkrete Rückmeldungen zu angestrebten Wirkungen und unerwünschten Nebenwirkungen von Gesetzen seien nur möglich, wenn Verbänden und Kammern sowie den Experten in Unternehmen ausreichend Zeit für ein fundiertes Feedback eingeräumt werde.
"Das ist leider inzwischen fast schon regelmäßig nicht der Fall", sagte DIHK-Vize-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Freitagausgaben). Das Gebäudeenergiegesetz sowie das Energieeffizienzgesetz seien die jüngsten Negativ-Beispiele, so Dercks. "Vier bis fünf Werktage über Ostern sind zu wenig - und lassen bei Betroffenen einen schalen Beigeschmack zurück", kritisierte er. "Es entsteht der Eindruck, die Regierung verabschiede sich mit Versand der Entwürfe in die Ostertage und erwarte, dass andere über und rund um die Feiertage die `Aufträge` erledigen." Anders als in der Vergangenheit handle es sich bei den aktuellen Entwürfen nicht um akute Krisensituationen, die ein solches Eil-Tempo rechtfertigen könnten, so der DIHK-Vize weiter. Vielmehr gehe es bei den Energie- und Gebäudeeffizienzgesetzen um sehr grundlegende Vorhaben, deren Ausgestaltung maßgeblich für die Zukunft vieler Unternehmen oder sogar ganzer Branchen seien. "Daher darf die Beteiligung der Wirtschaft in diesen Gesetzgebungsverfahren nicht zu einer Alibiveranstaltung werden", forderte Dercks. Die DIHK hat eine Liste erstellt, in der alle Ampel-Gesetze mit einer Rückmeldungsfrist von wenigen Tagen oder gar Stunden aufgeführt werden. Sie umfasst inzwischen 23 Einträge. "Das Problem zieht sich durch fast alle Ministerien - und ist einer der Gründe für das Gefühl stetig wachsender Bürokratie", sagte Dercks. Bereits Ende März hatte ein breites Verbändebündnis in einem offenen Brief den "hohen Zeitdruck" und das "zunehmend undemokratische Vorgehen" der Bundesregierung bei den Verbändeanhörungen beklagt. Ähnliche Kritik gibt es auch von den Bundesländern und der Opposition. Auch Bundestagspräsidenten Bärbel Bas (SPD) sah sich zuletzt genötigt, in einem Brief an Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) sowie die Vorsitzenden der Regierungsfraktionen eine "Rückkehr zu ordentlichen Abläufen" anzumahnen. Man dürfe nicht zulassen, dass das "Vertrauen in die repräsentative Demokratie geschwächt werde".
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