Region. Die EU-Kommission hat Ende Juni die Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat um bis zu 18 Monate verlängert. Nun soll bis zum Ende des kommenden Jahres geklärt werden, ob und in welcher Form das Mittel krebserregend ist. RegionalHeute.de hat bei Greenpeace Braunschweig und dem CDU-Landtagsabgeordneten und Landwirt Frank Oesterhelweg nachgefragt, wie sie zur der Freigabe stehen.
Dennis Zellmann von Greenpeace Braunschweig teilte auf die Anfrage von regionalHeute.de in einer Stellungnahme mit: „Die WHO bewertete Glyphosat bereits im März 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“. Weitere Studien kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen – eine finale Bewertung des Totalherbizides steht noch aus. In der EU gilt das Vorsorgeprinzip. Zum Schutz der Gesundheit aller EU-Bürger hätte Glyphosat die Zulassung entzogen werden müssen, bis die Wissenschaft zu einem eindeutigen Ergebnis hinsichtlich der Risiken des Stoffes kommt. Die Entscheidung, Glyphosat für weitere 18 Monate zuzulassen, lehnen wir daher strikt ab.
40 Prozent der Deutschen Ackerflächen werden mit Glyphosat behandelt
Laut BUND wird Glyphosat auf bis zu 40 Prozent der deutschen Ackerflächen eingesetzt, daher werden sehr wahrscheinlich auch Felder in der Region Braunschweig mit dem Breitbandherbizid behandelt. Das Mittel wird jedoch nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch von Privatläuten in Gärten sowie auf städtischen Flächen oder anderen Grundstücken zur Unkrautbekämpfung eingesetzt. Auch im Braunschweiger Stadtgebiet wird es angewandt, was Unteranderem in einer Ratssitzung der Stadt im Oktober letzten Jahres erläutert wurde. Der Einsatz von Glyphosat erfolgt in erster Linie aus Kostengründen. Allerdings ist auf dem Acker sowie auf allen andern Flächen eine mechanische Unkrautentfernung möglich, Glyphosat ist also ersetzbar. Ein Kilo Äpfel würde beispielsweise beim Verzicht auf das Mittel lediglich 5 Cent teurer werden - für den Verbraucher wenig Geld, für den Landwirt einsparbare Kosten. Die gesundheitlichen Risiken von Glyphosat werden in der Wissenschaft kontrovers diskutiert.
Herbizide auch in Lebensmitteln?
Studien zeigen aber, dass das Herbizid ist nicht nur auf dem Acker, sondern auch in Flüssen, in Lebensmitteln und sogar im menschlichen Urin nachweisbar ist. Sollte Glyphosat tatsächlich eine Gefahr für die Gesundheit darstellen, wäre jeder Bundesbürger unmittelbar betroffen. Neben diesem noch nicht abschließend bewerteten Risiko sind die Umweltfolgen von Glyphosat dramatisch. Bis zu viermal darf es jährlich auf dem Acker angewandt werden, wodurch sämtliche Grünpflanzen abgetötet werden – die Nahrungsgrundlage vieler Insekten. Ohne die Insekten finden wiederum Feldvögel nichts mehr zu fressen und sterben. Wie der NABU berichtet, geht der Bestand von diesen immer weiter zurück – ein extremer Verlust an Biodiversität, der teilweise auf das Konto von Glyphosat geht. Verschiedene Unkräuter entwickeln zudem eine Glyphosat-Resistenz, wodurch diese vom dem Pflanzenschutzmittel gar nicht mehr oder nur durch immer höhere Glyphosat-Dosen abgetötet werden können. Glyphosat ist eine Gefahr für die Umwelt und birgt unbekannte Risiken für die menschliche Gesundheit, weswegen eine Verlängerung der Zulassung unverantwortlich ist. Greenpeace fordert daher ein Verbot des Totalherbizids.“
Glyphosat gezielt und mit Bedacht einsetzen
Frank Oesterhelweg ist nicht nur Mitglied im Niedersächsischen Landtag, sondern auch Landwirt in seinem Heimatort Werlaburgdorf im Landkreis Wolfenbüttel. Er findet es richtig, dass die Zulassung von Glyphosat an eine objektive wissenschaftliche Bewertung gekoppelt wird. „Solche Themen eignen sich weder für Verharmlosung noch für Panikmache, je nach Sichtweise. Klar ist für mich, dass Glyphosat weder auf beispielsweise Spielplätze gehört noch unbedingt vor der Ernte eingesetzt werden muss. Schade wäre aber ein Wegfall des Einsatzes im Rahmen pflugloser Bodenbearbeitung, weil das zu mehr energieintensiver Bodenbearbeitung, ggf. Beeinträchtigung des Bodenlebens, einer verstärkten Anwendung anderer Pflanzenschutzmittel und weniger Erosionsschutz führen würde. Auch hier gilt: Sicherheit hat Vorrang, aber beide Seiten der Medaille sind dabei zu betrachten“, so Oesterhelweg.
Was ist Glyphosat?
Glyphosat wird seit den 1980er-Jahren als Unkrautbekämpfungsmittel eingesetzt. Die Anwendung ist jedoch umstritten, da das Mittel im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Das Deutsche Bundesamt für Risikobewertung und auch die Weltgesundheits-Organisation (WHO) kamen im Frühjahr diesen Jahres zu der Erkenntnis, dass das Mittel nicht krebserregend sei. Daraufhin beschloss die Europäischen Kommission, Glyphosat noch weitere 18 Monate auf dem europäischen Markt zu lassen und die Verwendung vorerst weiter zu gestatten. Ein erneutes Gutachten soll dann zum Ende des nächsten Jahres klären, ob das Unkrautbekämpfungsmittel weiterhin verwendet werden darf, oder vom Markt genommen werden muss.
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