Berlin. Der Vorschlag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), den Schwangerschaftsabbruch künftig teilweise außerhalb des Strafrechts zu regulieren, führt innerkirchlich zu Widerspruch. Der Rat der EKD hatte sich am Mittwoch in der Debatte über eine Neuregelung positioniert und sich für ein Fristenkonzept ausgesprochen, durch das der Lebensschutz eines Ungeborenen im Laufe der Schwangerschaft stufenweise höheres Gewicht gegenüber dem Selbstbestimmungsrecht der Frau erhalten würde.
EKD-Ratsmitglied Thomas Rachel kritisiert dies als "Paradigmenwechsel", der ihm "große Sorgen" bereite. Deutschland habe mit dem bisherigen Paragrafen 218 StGB eine "kluge, ausbalancierte Regelung", sagte Rachel der FAZ. Die bewährte "doppelte Anwaltschaft" für das Selbstbestimmungsrecht der Frau und das Lebensrecht des Ungeborenen dürfe nicht durch eine teilweise Streichung aus dem Strafrecht "ohne Not beseitigt werden". Der CDU-Bundestagsabgeordnete, der auch Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der Unionsparteien (EAK) ist, befürchtet zudem eine gesellschaftliche Spaltung wie in den Vereinigten Staaten, falls die Ampelkoalition die bisherige Regel wie beabsichtigt verändert und liberalisiert. Rachel lobt zugleich, dass sich die EKD für die Beibehaltung einer verpflichtenden Beratung und gegen deren Freiwilligkeit ausgesprochen hat.
Die katholische Kirche stellt sich ebenfalls dagegen, Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafrechts zu regeln. Zwischen den beiden großen Kirchen sind in grundlegenden Medizin- und bioethischen Fragen zunehmende Unterschiede zu beobachten. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission soll im Frühjahr Vorschläge für eine Neuregelung unterbreiten.
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