Region. Die Pilotphase zur elektronischen Patientenakte (ePA) für alle hat bereits Anfang des Jahres beispielsweise in Hamburg und Nordrhein-Westfalen begonnen – bald soll sie auch nach Niedersachsen kommen. Für die Verwaltung der eigenen Daten wird allerdings ein Smartphone oder Computer benötigt. Warum das und weitere Gründe problematisch werden kann, erklärt der Sozialverband Deutschland (SoVD) in Gifhorn in einer Pressemitteilung.
Mit der ePA soll Ärzten, Apothekern und Pflegekräften der Zugang zu Informationen wie zum Beispiel Diagnosen, Befunden oder Medikamenten erleichtert werden, damit Patienten individueller behandelt und Therapien besser aufeinander abgestimmt werden können. Über die App der jeweiligen Krankenkasse können Versicherte ihre Daten selbstständig verwalten.
Auf Unterstützung angewiesen
„Das führt bei Menschen, die kein Smartphone oder Computer besitzen, zu Problemen“, bemängelt SoVD-Beratungsstellenleiterin Christine Scholz. Um beispielsweise Zugriffsrechte verwalten oder Dokumente einpflegen zu können, sind digital nicht aktive Betroffene dann auf Unterstützung angewiesen. „Sie dürfen durch die elektronische Patientenakte aber nicht derart abgehängt werden und müssen deshalb auch zukünftig weiterhin die Möglichkeit haben, ihre Gesundheitsdaten analog zu übermitteln“, gibt Scholz zu bedenken.
Eine weitere Hürde, mit der Menschen mit Beeinträchtigung konfrontiert werden, sei die fehlende Barrierefreiheit. „Diese wurde leider nicht von Anfang an mitgedacht, was dazu führt, dass Personengruppen bei der Nutzung zusätzlich ausgegrenzt werden. Hier muss dringend nachgebessert werden“, so Scholz.
"Datensicherheit nur eingeschränkt"
Aber nicht nur intellektuell eingeschränkte oder digital wenig interessierte Menschen würden benachteiligt. Wie provozierte Hackerangriffe während der Pilotphase leider gezeigt hätten, sei auch die Datensicherheit nur eingeschränkt gegeben. Beim Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten nach Datenschutz-Grundverordnung müsse dringend nachgebessert werden.
Scholz gibt ebenfalls zu bedenken, dass es aufgrund einer umfangreichen Diagnostik bei schwerer Erkrankung oder schlimmstenfalls mit psychosomatischem Hintergrund passieren könne, dass die Berichte aufeinander aufbauten. Komplexe Krankheitsbilder, die berechtigterweise hohe Zeitressourcen fordern, verleiten unter Umständen dazu, dass Ärzte eine Diagnose stellen, die durch eine vorgefertigte Meinung beeinflusst wird und so ihre eigene medizinische Kompetenz nicht mehr zur Anwendung bringen.
Beeinflussung bei Diagnose?
„Natürlich will ich niemanden unterstellen, dass durch die Einsichtnahme in die Patientenakte eine vorsätzliche Meinungsbeeinflussung beim Erstellen von Diagnosen die Folge ist. Aber die Gefahr kann nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden,“ sagt Scholz und verweist auf Erfahrungen aus ihrem Beratungsalltag beim SoVD.