Tirana. Auf dem EU-Westbalkangipfel in Tirana haben die EU und die Westbalkan-Länder sich auf eine stufenweise Abschaffung von Roaming-Gebühren, internationale Erasmus-Austausche und Unterstützungen im Energiebereich geeinigt. "Die EU setzt sich mehr denn je für eine gemeinsame Zukunft ein, und zwar mit unseren Partnern auf dem westlichen Balkan als Teil der EU", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach dem Treffen.
Als Schritt auf den Weg dorthin will die Kommission den Vorschlag unterbreiten, Bosnien und Herzegowina den Kandidatenstatus zu geben. Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete den Vorschlag als "nächster guter Schritt". Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, befand das Gipfeltreffen als "historisch", nachdem die EU erstmals einen Gipfel außerhalb ihres Bündnisgebietes abgehalten hatte. Nach dem vorangegangenen Gipfel in Brüssel hatten sich beide Seiten deutlich unzufriedener gezeigt.
"Ich sehe darin eine erstaunliche Entwicklung, einen Prozess der Bewusstwerdung", sagte der gastgebende Ministerpräsident von Albanien, Edi Rama, nun bei einer Pressekonferenz in Tirana. "Die Europäische Union braucht den Westbalkan genauso sehr wie der Westbalkan die EU." Angesichts der Folgen des russischen Angriffskrieges hatte die Energieversorgung einen besonderen Stellenwert. Von der Leyen schrieb dazu auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: "Die EU und die westlichen Balkanländer stehen vor denselben Herausforderungen im Energiebereich."
Daher biete man den Partnern die gleichen Lösungen an, so die Kommissionspräsidentin. Zum einen will die EU 500 Millionen Euro an direkten Haushaltszuschüssen zahlen. Zum anderen sind 500 Millionen Euro für Investitionen in die Energieinfrastruktur vorgesehen, wobei vor allem Energieeffizienz sowie erneuerbare Energie im Fokus stehen sollen. Darüber hinaus wurde sich auf ein Ende des Roamings zwischen EU- und Westbalkan-Ländern geeinigt.
"Schon ab dem nächsten Jahr können wir nach und nach die Roaming-Gebühren erst absenken und dann ganz wegfallen lassen", sagte Ratspräsident Michel. Dies sei wichtig für Unternehmen, aber auch für die Entwicklung des Fremdenverkehrs in den Balkanländern. Das Austauschprogramm "Erasmus" der EU soll zudem auf die Westbalkanländer ausgeweitet werden. Rama sagte dazu: "Unsere Universitäten können dann Bündnisse schmieden, können zusammenwachsen mit anderen europäischen Universitäten."
Bundeskanzler Olaf Scholz forderte die Westbalkanländer auf, sich der Sanktionspolitik der EU gegenüber Russland sowie der EU-Visumspolitik anzuschließen. Die EU will für die Grenzsicherung im Balkan rund 70 Millionen Euro bereitstellen mit dem erklärten Ziel, die Schleusung von Migranten sowie Menschenhandel zu unterbinden.
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