Europa fängt zu Hause an

von Nick Wenkel


In Brüssel werden täglich wichtige Gespräche geführt und richtungsweisende Entscheidungen getroffen. Doch das Fundament bilden die Bürger unserer Region. Foto: Nick Wenkel
In Brüssel werden täglich wichtige Gespräche geführt und richtungsweisende Entscheidungen getroffen. Doch das Fundament bilden die Bürger unserer Region. Foto: Nick Wenkel | Foto: Archiv

Region/Brüssel. Das europäische Wir-Gefühl, es bröckelt. Selten waren die Aussichten vor einer Europwahl so finster, wie in diesem Jahr. Viele Europäer fragen sich: „Warum sollte ich im kommenden Jahr überhaupt wählen gehen?“ Aber wichtige Entscheidungen, die in Brüssel getroffen werden, beeinflussen unser Leben ganz unmittelbar.


Datenschutz, Zeitumstellung, Brexit. Themen, die nicht nur in den Medien rauf und runter behandelt werden, sondern oft auch den Weg an den heimatlichen Esstisch finden. Umso wichtiger, dass die Europäer auch im kommenden Jahr mit ihrem abgegebenen Wahlzettel die Zukunft der EU aktiv mitgestalten. In Deutschland findet die Wahlam 29. Mai 2019 statt. Und das ist wichtiger, als nie zuvor. Nicht nur die politischen Entwicklungen in Deutschland, Österreich und Italien geben Anlass zur Sorge, sondern auch die Wahlbeteiligung ist teils beängstigend.

Besorgniserregende Wahlbeteiligung


Mit einer Wählerquote von 47,9 Prozent war Deutschland in der vergangenen Europawahl (2014) zwar über dem EU-Schnitt von 43,1 Prozent, letztlich aber dennoch deutlich unter einer zufriedenstellenden Beteiligungsquote liegt. Deutlich dramatischer sieht die Lage allerdings in anderen EU-Staaten aus. In Polen (2014: 22,7 Prozent), Slowakei (20,96), Tschechien (19,5) und Slowakei (13) ist die Wahlbeteiligung seit dem Jahr 2009 teils drastisch gesunken, in Lettland sogar um rund 23 (!) Prozent. Eine Entwicklung, die vielen Europäern und EU-Abgeordneten Bauschmerzen bereitet. Vergessen scheint die Überzeugung, dass „Europa“ nicht in Brüssel entsteht, sondern in den jeweiligen Städten, Landkreisen und Regionen. Eins ist klar: Hier muss künftig das europäische Wir-Gefühl gestärkt werden.

Warum sollte ich wählen gehen?


Eine Aufgabe, der sich auch die Abgeordneten im Europäischen Parlament bewusst sind. Um die Anliegen der Bürger zu vertreten, werden für die Parlamentarier innerhalb ihrer Partei daher verschiedene regionale Zuständigkeiten festgelegt. Für die Stadt Wolfsburg und den Landkreis Gifhorn ist beispielsweise David McAllister (CDU), ehemaliger Ministerpräsident in Niedersachsen zuständig. Und McAllister weiß: Europa fängt nicht in Brüssel an – sondern zu Hause.

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David McAllister vertritt die Interessen der Wolfsburger und Gifhorner Bürger. Foto:


Interview mit David McAllister


regionalHeute.de: Warum genau sollten die Bürger unserer Region (Wolfsburg/Gifhorn) im nächsten Jahr wählen gehen?

David McAllister: Die anstehenden Herausforderungen in einer sich immer stärker verzahnenden Welt können wir nur mit einem geeinten und starken Europa bewältigen. Wenn wir unsere Werte, unsere Art zu leben, unseren Wohlstand und unsere sozialen Errungenschaften bewahren wollen, brauchen wir eine starke und handlungsfähige Europäische Union. Das Europäische Parlament ist die direkt von den Bürgern gewählte demokratische Volksvertretung der EU. Bei der Wahl am 26. Mai 2019 kann jeder Wahlberechtigte Einfluss auf die Politik der nächsten fünf Jahre nehmen. Über 60 Prozent aller auf EU-Ebene verabschiedeten Richtlinien und Verordnungen sind für die kommunale Ebene bedeutsam. Das unterstreicht, wie wichtig europäische Politik für jeden Einzelnen ist. Europa fängt zu Hause in Wolfsburg und im Landkreis Gifhorn an.

regionalHeute.de: Wie vertreten Sie die Interessen der Kommunen in Brüssel?

David McAllister: Die europäischen Regionen und ihre kommunalen Ebenen tragen wesentlich zur Vielfalt Europas bei. Wie europäische Vorgaben vor Ort umgesetzt werden, ist nicht nur entscheidend für den Erfolg der Maßnahmen. Es prägt auch wesentlich das Bild, das sich die Menschen von der Europäischen Union machen. Für mich ist ein bürgernahes Europa wichtig. Deshalb suche ich stets einen engen Kontakt mit Bürgern, Vertretern der Wirtschaft und ebenso kommunalen Vertreter. Zudem tauschen wir uns im Europäischen Parlament mit dem „Ausschuss der Regionen“ aus, in dem Vertreter der Regionen, Bezirke, Provinzen, Städte und Gemeinden aus der ganzen EU zusammenkommen.

regionalHeute.de: Auf welche Weise erfolgt der Austausch mit den Bürgern?

David McAllister: Als die vier Europaabgeordneten der CDU in Niedersachsen haben wir die regionalen Zuständigkeiten aufgeteilt. Für den Elbe-Weser Raum und Nordostniedersachsen bin ich zuständig. Dort bin ich fast jedes Wochenende auf Veranstaltungen, erläutere meine Position zu aktuellen europapolitischen Fragen und nehme mich der Anliegen der Bürger an. Zudem empfange ich Besuchergruppen aus Niedersachsen in Brüssel und Straßburg. Mein Eindruck ist, dass die Bürger aufmerksam die Europapolitik verfolgen. Viele wünschen sich noch mehr Informationen. Auch deshalb informiere ich regelmäßig in meinem Newsletter über aktuelle Gesetzgebungsvorhaben und europapolitische Themen.

regionalHeute.de: Wie schätzen Sie die Wahlen im nächsten Jahr ein?

David McAllister: Die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament werden für die Zukunft der EU entscheidend sein. Im nächsten Jahr stehen viele europapolitische Umbrüche an. So wird Ende März das Vereinigte Königreich leider unsere Staatengemeinschaft verlassen, im Mai wählen wir ein neues Europäisches Parlament, im Herbst wird dann die neue Europäische Kommission ernannt und im November läuft die Amtszeit des Präsidenten des Europäischen Rates, Donald Tusk, aus. Die Bürger können mit ihrer Stimme im nächsten Jahr mitentscheiden, in welche Richtung sich die Europäische Union weiter entwickeln soll.


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