Berlin. Der Bremer Politikwissenschaftler Lothar Probst sieht für die SPD kaum Chancen, bei der Europawahl ihr historisch schlechtes Ergebnis von 2019 zu verbessern. "Europawahlen sind immer noch weitgehend nationale Wahlen", sagte der ehemalige Leiter des Bereichs Wahl-, Parteien- und Partizipationsforschung an der Universität Bremen dem "Handelsblatt". Die Wähler würden die Parteien im Kontext ihrer nationalen Performance bewerten. "Und da gibt die SPD im Moment kein überzeugendes Bild ab."
Probst sieht überdies kritisch, dass die SPD neben der Europaspitzenkandidatin Katarina Barley auch Kanzler Scholz ins Zentrum der Wahlkampagne rückt und in diesem Zusammenhang auf Großplakaten mit dem Slogan "Deutschlands stärkste Stimmen für Europa" um die Gunst der Wähler buhlt. Der Kanzler werde "als alles andere denn als starke Stimme in Europa wahrgenommen", sagte er. "Er läuft bei einem bescheidenen Ergebnis für seine Partei Gefahr, noch weiter in der Wählergunst abzusacken und in der eigenen Partei an Zustimmung zu verlieren." Irgendwann werde der Ruf nach Boris Pistorius als Kanzler auch in der eigenen Partei stärker werden.
Auch der Berliner Politikwissenschaftler Gero Neugebauer sieht nur geringe Wahlchancen für die SPD. "Die deutsche Sozialdemokratie befindet sich im Stimmungstief und konnte sich bislang kein positives Image verschaffen", sagte der ehemalige wissenschaftlicher Mitarbeiter am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. Die größten Schwierigkeiten für die SPD bestehen aus Sicht Neugebauers darin, "die politische Bedeutung der Wahl sowie die Inhalte ihrer Wahlkampfkommunikation zu vermitteln und damit über den Kern ihrer Anhänger hinaus Wähler zu mobilisieren".
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