Braunschweig/Salzgitter. Die aktuelle Position der Bürgerinitiative gegen das Industriegebiet Braunschweig-Salzgitter veröffentlichen wir im Folgenden ungekürzt und unkommentiert.
Wir Bürgerinnen und Bürger der sogenannten Kanaldörfer sowie der umliegenden Gemeinden Alvesse und Groß Gleidingen leben seit Jahrzehnten mit und auch von der Schwerindustrie. Gleichwohl haben sich unsere Realitäten drastisch verändert. Im Zuge der von der Bundesregierung beschlossenen Energiewende werden sich auch die Industrieanlagen absehbar rasant verkleinern. Die derzeit noch genutzten Flächen nebst Produktionshallen werden damit entweder überflüssig, oder umgebaut. Die Schachtanlage „Konrad“, das einzige in der Bundesrepublik Deutschland vorhandene und genehmigte Atommüllendlager, wird vermutlich wie vorgesehen in Betrieb genommen werden. Der schon jetzt sehr stark frequentierte „Stichkanal-Salzgitter“ (rund um die Uhr an allen sieben Wochentagen) wird umfassend ab 2020 über einen geschätzten Zeitraum (laut Bundeswasserstraßenverwaltung) von mehr als zehn Jahren erweitert und modernisiert. Allein die bauseitig erforderlichen Vergrößerungen der beiden Schleusen in Üfingen auf das doppelte der derzeitigen Kapazität, stellen eine jahrelange Baustelle, insbesondere für die Bewohner der „Schleusensiedlung“ sowie Üfingen, dar.
In einem Gutachten der Stadt Salzgitter zur Frage der Wohnbebauung für die Kanaldörfer Sauingen, Üfingen sowie Beddingen sind schon jetzt Erweiterungen in Richtung Kanal nicht umsetzbar, da, Zitat aus dem Gutachten: “Bei der Fläche mit erheblichen Schallimmissionen durch den Hafen Salzgitter Beddingen zu rechnen ist, sodass entsprechend hohe Kosten für Schallschutzmaßnahmen zu erwarten sind." Und nun fordert die FDP in Salzgitter die Neuauflage von „Inge“, allerdings „nur“ auf städtischem Grund im Bereich der Flächen von den Schleusenanlagen in Richtung Üfinger Brücke für ein „Wasserstoff- und Batteriezellentechnologiezentrum“? Dabei zitiert sie im gleichen Atemzug die von der FDP-Salzgitter seinerzeit im Jahre 2018 selbst abgelehnte Machbarkeitsstudie? Nun mag ja die politische Auffassung innerhalb dieser Partei eine Änderung erfahren haben, jedoch sind die zugrunde gelegten Fakten (Bahnanschluss-Kanalanschluss) in diesem Gebiet vollkommener Unsinn. Es ist dort weder eine Hafenanlage vorhanden, noch befinden sich irgendwelche Bahngleise auf diesem Gelände. Die genannten Anschlüsse an die A 39 für weitere Kapazitäten gibt es nicht.
Oder wird hier gar erneut der Versuch unternommen, die Bürgerinnen und Bürger mit falschen „Hoffnungen“ zu ködern, um tatsächlich etwas ganz anderes aus dem „Hut zu zaubern“? Zur Erinnerung, für das IKEA-Logistikzentrum wurde der Grund und Boden im Eigentum der Stadt, ähnlich wie jetzt bei dem Verkauf des Geländes für die Firma New Yorker, auf Steuerzahlerkosten regelrecht verramscht. Die in den „Sand gesetzten" Millionen aus dem Stadtsäckel zahlen die Salzgitteraner Bürgerinnen und Bürger, während sich die Investoren die Hände reiben und die angeblichen Arbeitsplätze in der Regel kaum nennenswert dazu beitragen, dass sich Gewerbe- und Einkommensteuer für die Stadt auch nur im Ansatz rechnen. Die versprochene Ansiedlung von „innovativen“ Betrieben auf dem Gelände zwischen Üfingen , Groß-Gleidingen und Steterburg würde daher nicht nur wertvolle Grün- und Ackerfläche, sondern auch die „Schleusensiedlung“ vernichten.
Wenn Salzgitter also von seinem insgesamt angeschlagenen nationalen Image herunter möchte, dann sicher nicht mit einer Erweiterung seiner ohnehin vorhandenen Industrie- und Gewerbeflächen zu Lasten von Menschen und Umwelt, sondern nur durch eine sinnvolle Begrünung der Städtischen Freiflächen und eine zukunftsträchtige Wohnbebauung. Wir können belegen, dass die Gewerbeeinnahmen der Stadt Salzgitter deutlich hinter den Einnahmen aus der Einkommen-/Lohnsteuer liegen. Die Stadt Salzgitter ist mittlerweile finanziell so handlungsunfähig, dass eine Sanierung unserer Schulen, der meisten Kitas, der Bau eines Schwimmbeckens am städtischen Hallenbad, sowie der Infrastruktur vieler Straßen und Wege nicht realisiert werden kann. Ebenso tritt die finanziell gesicherte Auflösung des Stadtteiles Watenstedt zu einem 24 Stunden Industriegebiet nach wie vor auf der Stelle. Und nebenbei verkleinern sich die „Big Five“ personell und räumlich innerhalb ihrer riesigen Flächen und ordnen sich neu. Und nun verlangt die FDP Fraktion im Rat der Stadt Salzgitter allen Ernstes, dass die Verwaltung prüfen möge, ob für „diesen-ihren-Plan“ zur Vernichtung von Acker- und Waldflächen Fördermittel zur Verfügung gestellt werden könnten?
Mittlerweile reduzieren viele verantwortungsbewusste Städte ihre überflüssigen Industrie- und Gewerbegebiete und planen bezahlbaren und lebenswerten Wohnraum für ihre Menschen. Uns zeigt diese hanebüchene Vorgehensweise, dass es der FDP Fraktion im Rat der Stadt scheinbar mehr um persönliche Profilierung, als um sachkundige Kommunalpolitik geht. Daher werden wir genau darauf achten, wer hier wirklich etwas für die Menschen in den Kanaldörfern zu tun bereit ist, anstatt Millionen von Steuergeldern für ein „Wolkenkuckucksheim“ zu verplanen, während zwischen den Ortschaften Sauingen und Bleckenstedt das Geld nicht bereit gestellt werden kann, damit unsere Bürgerinnen und Bürger hier sicher über eine Strecke von knapp 400 Metern zwischen den beiden Stadtteilen zu Fuß oder mit dem Rad pendeln können.
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