Flüchtlingsgipfel: Bund zahlt 1 Milliarde Euro an die Länder

Eine erste Einigung konnte erzielt werden. Mit dem Ergebnis zeigen sich allerdings nicht alle zufrieden.

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Symbolfoto. | Foto: Über dts Nachrichtenagentur

Region. Am gestrigen Mittwoch fand eine Besprechung zwischen dem Bundeskanzler und den Regierungschefs der Länder statt, um darüber zu sprechen, wie die Länder zukünftig bei der Bewältigung des zunehmenden Flüchtlingsstroms unterstützt werden können. Nach sechsstündiger Verhandlung wurde ein Beschluss gefasst. Auch wenn dies einen ersten Schritt bedeutet, nicht alle Beteiligten zeigen sich damit zufrieden.



Die Gesprächsparteien haben sich auf eine gemeinsame Flüchtlingspolitik geeinigt, die die Unterstützung der Kommunen, einen gesteuerten Zugang, beschleunigte Verfahren und verbesserte Rückführung umfasst.

Neben der Bewältigung der Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, sind die Zugangszahlen von Schutzsuchenden aus anderen Staaten 2022 gegenüber 2019 um circa 50 Prozent gestiegen, und die Asylerstanträge haben in den ersten vier Monaten des Jahres 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 78,4 Prozent zugenommen.

Länder sollen unterstützt werden


Der Bundeskanzler und die Regierungschefs der Länder sind sich einig, dass es zusätzlicher Maßnahmen bedarf, um die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Aufnahme und Begleitung von Schutzsuchenden zu bewältigen. Insbesondere müssen der Zugang von Geflüchteten gesteuert, die Geflüchteten erfasst, Verfahren beschleunigt, eine angemessene Unterbringung und Integration gewährleistet sowie Personen, die nicht in Deutschland bleiben können, konsequent zurückgeführt werden.

Die Bewältigung der Fluchtmigration stellt Bund, Länder und Kommunen vor große finanzielle Herausforderungen. Die Kommunen tragen die Grundlast der administrativen Behandlung des Themas, während die Länder finanzielle Aufwendungen insbesondere bei Kita, Schule und Unterbringung haben. Wie beschlossen wurde, will der Bund weitere Finanzmittel aufwenden, um Länder und Kommunen zu entlasten.

Für das Jahr 2023 wird der Bund die Flüchtlingspauschale um eine Milliarde Euro erhöhen. Bund und Länder wollen klären, wie die Finanzierung der Flüchtlingsaufnahme langfristig geregelt werden kann. Die Länder fordern ein atmendes System, bei dem sich die finanzielle Unterstützung des Bundes an den Zugangszahlen der Geflüchteten orientiert und das die Elemente des 4-Säulen-Modells enthält. Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder werden Mitte Juni 2023 den Zwischenstand beraten und im November 2023 über die Finanzierung der Flüchtlingsaufnahme entscheiden.

Flüchtlingsgipfel gescheiter


Der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Marco Trips, hält das Ergebnis des Flüchtlingsgipfels für ungenügend. Den Kommunen werde in den Abschlusserklärungen immer weitschweifig Dank und Anerkennung ausgesprochen, eine verlässliche Finanzierung bekomme man aber wieder nicht. Trips kritisiert deutlich: „Der Bund hat die Länder im November auf der letzten Ministerpräsidentenkonferenz über den Tisch gezogen, und die Länder haben es zu spät gemerkt. Durch die Pauschalierung hat sich der Bund seiner Finanzverantwortung in der Zuwanderungspolitik entzogen, obwohl allein er die Migration steuern kann.“

Sodann macht Trips eine einfache Rechnung auf: Bis 2022 habe der Bund 8.040 Euro pro Asylbewerber und Jahr (670 Euro monatlich) an die Länder gezahlt – als Betrag pro Kopf. Für 2023 hätten sich die Länder diese Zahlungen mit einer Einmalsumme pauschalieren lassen – nur viel zu niedrig. Auch die zusätzliche Milliarde fülle diese Lücke nicht wieder auf: „Niedersachsen erhält jetzt nach der zusätzlichen Milliarde insgesamt für 2023 nur 210 Millionen Euro vom Bund. Erwartet werden je nach Schätzung 30.000 bis 40.000 Flüchtlinge für Niedersachsen. Das Geld reicht aber höchstens für die Hälfte. Der Bund lässt die Länder hängen und die Kommunen im Stich“, hält Trips fest.

Kritik auch an weiteren Maßnahmen


Die Schritte zur weiteren Begrenzung der Zuwanderung bewertet Trips ebenfalls kritisch: „Es ist gut, wenn Bund und Länder zum ersten Mal von der Notwendigkeit einer stärkeren Steuerung der Zuwanderung und einer Beschleunigung der Verfahren sprechen. Ich halte das allerdings für Lippenbekenntnisse. Die vorgeschlagenen Maßnahmen gehen in die richtige Richtung, sind aber viel zu wenig. Aus Sicht der Kommunen muss man sagen, dass es einer echten Begrenzung der ungesteuerten Zuwanderung mit Obergrenzen bedarf, anderenfalls wird die Unterbringung wie bisher spätestens ab Herbst nicht mehr möglich sein. Auch eine Beschulung und Betreuung in Kitas wie überhaupt eine Integration ist aufgrund fehlender Kapazitäten immer schwieriger. Statt eine verlässliche Perspektive und Finanzierung zu bekommen, hangeln wir uns von Ministerpräsidentenkonferenz zu Ministerpräsidentenkonferenz. Erst wurden wir auf einen Gipfel nach Ostern vertröstet, nun heißt es wieder warten bis kurz vor Weihnachten. Dies wird der Dringlichkeit nicht gerecht“, mahnt Trips an.

Hinzukomme, dass das Ergebnis vom grünen Regierungspartner sogleich wieder in Frage gestellt werde. Den Kommunen werde so jedenfalls kein verlässlicher Handlungs- und Finanzrahmen gegeben. So heißt es seitens des Niedersächsischen Städte und Gemeindebunds (NSGB).


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