Region. Die große Koalition hat am Vormittag den "Masterplan Flüchtlinge" vorgestellt. Es soll mehr Geld für die Kommunen bereit gestellt werden, mehr Sachleistungen für Flüchtlinge geben und der Kreis der sicheren Herkunfstländer soll erweitert werden. Am Mittag äußerte sich auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und als Vertreter der Städte und Gemeinden Dr. Marco Trips. Beide waren sich einig, dass die Bearbeitung von Asylanträgen momentan viel zu lange dauern würden.
Wie sehen die Pläne der Landesregierung aus? Die Mittel im Bundeshaushalt 2016 sollen um drei Milliarden Euro erhöht werden. So könnte es weitere drei Millionen Euro für Länder und Kommunen geben. Dazu wird im Haushalt des Auswärtigen Amtes für Krisenbewältigung und -prävention jährlich um 400 Millionen Euro aufgestockt. Die Bundespolizei erhält zusätzlich 3000 Stellen und der Bundesfreiwilligendienst soll um bis zu 10 000 neue Stellen aufgestockt werden. Der Bund will Länder und Kommunen beim Ausbau von etwa 150 000 winterfesten Plätzen unterstützen. Der Bargeldbedarf in Erstaufnahmeeinrichtungen soll zum Teil durch Sachleistungen ersetzt werden. Dazu könnte der Kreis der sicheren Herkunfstländer erweitert werden. Der Kosovo, Albanien und Montenegro würden dann auf diese Liste kommen. Zudem will die Koalition erreichen, dass die Flüchtlinge auf europäischer Ebene fair verteilt werden. Das Gesamtpaket mit allen Maßnahmen könnte dann im Oktober von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Im Rahmen des "Masterplans" wurde Angela Merkel auch gefragt, ob es sie bewege, dass so viele Menschen nach Deutschland wollen würden und sie als Retterin gesehen werden würde. Sie sagte: "Ich habe ja letzte Woche schon gesagt, dass ich mich freue, dass Deutschland auch ein Land geworden ist, mit dem viele außerhalb Deutschlands Hoffnungen verbinden. Das ist etwas sehr Wertvolles, wenn man einen Blick in unsere Geschichte wirft.” Sie selbst wäre bewegt, von der großen Welle der Solidarität.
Weil fordert Beschleunigung von Asylverfahren
Am Mittag trat dann Ministerpräsident Stephan Weil in Walsrode vor die Presse. Er zeigte sich beeindruckt von der Hilfsbereitschaft und den Willkommensbildern am Wochenende, auch er habe sich in Braunschweig ein Bild machen können und direkt mit Flüchtlingen sprechen dürfen. Die Situation am Wochenende sei ein großer Kraftakt gewesen, so appellierte der Ministerpräsident, dass die Kommunen in Zukunft mehr Vorlauf bräuchten, um optimal reagieren zu können. Momentan sei es reine Krisenbewältigung.
Am Sonntag waren in Braunschweig 900 Asylbewerber in Braunschweig angekommen. Foto: Robert Braumann
Man Arbeite mit Nachdruck daran, die Kapazitäten in den Landesaufnahmebehörden zu erhöhen. Derzeit gäbe es rund 7.000 Plätze im Land. Bis Ende des Jahres soll diese Zahl auf 15.000 ausgeweitet werden. So etwa in der früheren Bundeswehr-Kaserne in Schwanewede (Landkreis Osterholz), wo zukünftig bis zu 1.000 Hilfesuchende untergebracht werden sollen. Man sei auf der Suche nach neuen Unterbringungsmöglichkeiten. Die Vorschläge der Bundesregierung nannte Weil einen Schritt in die richtige Richtung, wenn auch noch Luft nach oben wäre. Bei einem Flüchtlingsgipfel am 24. September, wolle man die Vorstellungen des Landes und der Kommunen klar äußern. Das Land Niedersachsen stellt 180 Millionen Euro für die Soforthilfe für Flüchtlinge in den Kommunen bereit. Das Geld wird über einen zweiten Nachtragshaushalt bereitgestellt, eigentlich sei die Pauschale erst für 2016 vorgesehen gewesen
"Meilenweit entfernt"
Dr. Marco Trips, Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebunds (NSGB), sagte : "Wir können sicherlich nicht jedes Jahr so etwas machen." Der Bund habe zu lange nichts getan. "Das Boot ist noch nicht voll, ich glaube Deutschland ist reich und leistungsfähig, wir brauchen auch Zuwanderung. Natürlich ist es aber eine Belastung." Es könne nicht ewig so weitergehen. "Wenn wir Jahrelang weiter so belastet werden, wird das nicht funktionieren." Weil pflichtete ihm bei: "Das was wir jetzt erleben ist eine akute Krise, die wir auch bewältigen können. Doch auch Dauer kann es so nicht gehen. Man müsse die Wurzeln angehen." Es sei auch zu hinterfragen, was mit den Geldern passiere, die Jahr für Jahr von der europäischen Union in die Balkanländer fließen würde und warum es diesen Menschen dennoch nicht besser ginge. Der Ministerpräsident kritisierte, dass man momentan meilenweit davon entfernt sei, dass ein Asylverfahren innerhalb von zwei Monaten durchgeführt wird. Das müsse das erste Ziel sein. Asylbewerber, die dann keine Aufenthaltsgenehmigung erhielten, müssten dann auch zurückgeführt werden. Die meisten Flüchtlinge, würden aber momentan aus Syrien, dem Irak und Afghanistan nach Deutschland kommen, für sie gelten demnach andere Voraussetzungen, so Weil. In einer auf fast zwölf Stunden angelegten Sondersitzung will der niedersächsische Landtag am nächsten Donnerstag (10.9.2015) über das aktuelle Flüchtlingsdrama im Land sprechen.
ProAsyl hat mittlerweile die Pläne der Bundesregierung scharf kritisiert. Die Stellungnahme finden Sie hier.
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