Wolfenbüttel. Dass Bürgerbeteiligung für den neuen Bürgermeister Ivica Lukanic eine Herzensangelegenheit ist und dass er diesen zentralen Punkt seines Wahlprogramms auch voll umfassend bedienen will, ist glaubhaft und dürfte außer Frage stehen. Umso erstaunlicher ist es daher, was für einen misslungenen, chaotischen Auftakt er mit seinem neuen Beteiligungsformat "TeamDialog" am Dienstagabend hingelegt hat.
Angefangen bei der Ankündigung der Auftaktveranstaltung, die so unstrukturiert und unverständlich in Art und Informationsgehalt war, dass es nicht sonderlich verwundert, dass es anfangs kaum Anmeldungen dafür gab und man am Ende fast ausschließlich auf stadtbekannte Gesichter traf.
Seit Mitte November will die Stadtverwaltung mit der Agentur "The Why Guys" aus Braunschweig nach eigenem Bekunden an der Konzeptionierung dieses Beteiligungsformates gearbeitet haben. Und man darf sich fragen, was in dieser Zeit geschehen ist und wie viel Geld der veranschlagten 75.000 Euro dafür verschwendet wurden. Denn eigentlich wolle man gar keinen Prozess vorgeben, wie Beteiligung abläuft, sondern Bürgerbeteiligung gar neu erfinden. Diesem Grund war es offenbar auch geschuldet, dass man über die weiteren Schritte nach der Auftaktveranstaltung - trotz des hohen Anteils an Frontalbeschallung - nur wenig Konkretes erfuhr.
Hätte Ivica Lukanic doch bloß auf den Seitenhieb seines Vorgängers Thomas Pink gehört, der in seiner Abschiedsrede vor dem Rat der Stadt Wolfenbüttel darauf hinwies, dass weder die Bürgermeisterkandidaten im Wahlkampf noch er selbst Bürgerbeteiligung erfunden hätten. Es gibt sie bereits und sie wird vielerorts erfolgreich mit etablierten Formaten eingesetzt. Warum man nun also in einem mehrjährigen Prozess etwas Neues für Wolfenbüttel erfinden und nicht etwa an alte Erfolge anknüpfen möchte, erschließt sich nicht.
Den gestrigen Abend hätte man sich sparen können. Zu viel oberflächliches Blabla, zu wenig konkreter Inhalt. Lediglich zu zwei Vorhaben der Stadt konnte man sich in nur wenigen Minuten - wenn überhaupt - äußern. Es sei nur nebenbei angemerkt, dass das Anpinnen von Ideen an eine Stellwand in vielen Seminaren und Workshops zur Standardmethode zählt und keine Innovation darstellt, wie man es von einer Neuerfindung erwarten dürfte. Eine Reaktivierung des von Thomas Pink initiierten Informationszeltes am Samstagvormittag in der Wolfenbütteler Fußgängerzone mit Vorstellung der Vorhaben und einem offenen Ohr der Verwaltungsmitarbeiter für die Meinungen, Ideen und Wünsche der unterschiedlichsten Akteure wäre effektiver gewesen, als die jetzt durchgeführte zähe Veranstaltung.
Die Stadtverwaltung wäre gut beraten, das Format noch einmal ernsthaft zu überdenken und auf etablierte Methoden zu setzen. Zumal in den zeitlich stark begrenzten Wortbeiträgen am Dienstagabend deutlich wurde, dass die Vorstellungen und Wünsche von denen der Stadtverwaltung stark abweichen. Noch ist das Kind nicht in den Brunnen gefallen und vielleicht bemüht man sich dann auch darum, möglichst viele Bürger mit verständlichen Informationen zum Prozess zu erreichen.
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