"Versuchslabor" - Bürgerbeteiligung für Wolfenbüttel gestartet

Bei einer über dreistündigen Informationsveranstaltung erhielten Interessierte erste Informationen zum neuen Bürgerbeteiligungsformat der Stadtverwaltung.

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Die Auftaktveranstaltung zum "TeamDialog" fand sowohl in Präsenz in der Lindenhalle als auch online statt.
Die Auftaktveranstaltung zum "TeamDialog" fand sowohl in Präsenz in der Lindenhalle als auch online statt. | Foto: Werner Heise

Wolfenbüttel. Am Dienstagabend fand der Auftakt zum neuen Bürgerbeteiligungsformat der Stadt Wolfenbüttel sowohl in der Lindenhalle als auch zeitgleich im Internet statt. Sechs Projekt-Felder wurden vorgestellt, an denen die Wolfenbüttelerinnen und Wolfenbütteler in den kommenden Wochen und Monaten gemeinsam mit der Stadtverwaltung arbeiten sollen.



Rund 60 Teilnehmer waren in der Lindenhalle und 35 weitere Online zusammengekommen. Hier mitgezählt ist jedoch auch eine unüberschaubare Anzahl von Mitarbeitern der Stadtverwaltung sowie der den Bürgerdialog begleitenden Projektagentur "The Why Guys" aus Braunschweig. Auch ein paar Kommunalpolitker und zahlreiche Einzelhändler waren erschienen - oder wie ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung zu letzterer Gruppe vortrug: "die üblichen Verdächtigen".


Bürgermeister Ivica Lukanic (parteilos) jedenfalls zeigte sich "unheimlich" erfreut, "überrascht" und "fast schon berührt" angesichts der "großen" Teilnehmerzahl. Die Anmeldezahlen seien in der letzten Woche noch gering gewesen. Das neue Bürgerbeteiligungsformat "TeamDialog" solle den Bürgern künftig größtmögliche Transparenz über das Verwaltungshandeln bieten und die Möglichkeit schaffen, im Dialog aus Prozessen und Gesprächen gemeinsam voneinander zu lernen. Das Schlimmste sei es, als Stadt nicht hinzuhören, sagte Lukanic in seiner Begrüßungsrede und machte deutlich: "Wir wollen hinhören!" Er forderte die Teilnehmer des Abends auf, über mindestens ein Jahr dem "TeamDialog" beizuwohnen.


Man will Beteiligung neu erfinden


Wie konkret dieser Bürgerbeteiligungsprozess allerdings nun wirklich ablaufen wird, den der Bürgermeister als kommunikatives Versuchslabor beschrieb, und wer dabei tatsächlich Gehör findet, das blieb am Ende der über dreistündigen Informationsveranstaltung schwammig formuliert. Doch das scheint Teil des Konzeptes zu sein. Cedric Lachmann von "The Why Guys" sagte, man wolle nicht vorgeben, wie Beteiligung abläuft, sondern begleiten, Beteiligung neu zu erfinden.

In Workshops, die in den kommenden Wochen und Monaten stattfinden sollen und für die sich jeder bei Interesse bis zum 8. März bei der Stadt Wolfenbüttel anmelden kann, geht es zunächst um fünf ganz konkrete Vorhaben: das Förderprogramm Perspektive Innenstadt, beziehungsweise ein paar einzelne Bausteine davon, die Neugestaltung des nächsten Abschnitts der Fußgängerzone, neue Kommunikations- und Beteiligungsformate für Veranstaltungen, transparentes und bürgernahes Verwaltungshandeln sowie das Tourismuskonzept 2030.

In Gruppen wurden die Teilnehmer der Auftaktveranstaltung über die anstehenden Projekte informiert, zu denen sie erste Ideen und Anregungen geben konnten.
In Gruppen wurden die Teilnehmer der Auftaktveranstaltung über die anstehenden Projekte informiert, zu denen sie erste Ideen und Anregungen geben konnten. Foto: Werner Heise


Ideen aufschreiben


Die bei der Auftaktveranstaltung teilnehmenden Akteure durften sich am Dienstagabend jeder zwei Projekte aussuchen, zu denen sie in je einem 20 Minuten getakteten Block weitere Informationen erhalten wollten und dabei erste Gedanken austauschen konnten. Doch während es bei den hierfür eingerichteten Projektständen - wie etwa dem zu den Veranstaltungsformaten - doch eher leer blieb, häufte es sich bei anderen, wie beispielsweise dem zur Neugestaltung der Fußgängerzone so sehr, dass ein konstruktiver Austausch nicht zustande kommen konnte. Die Teilnehmer wurden stattdessen permanent aufgefordert, ihre Anmerkungen und Ideen einfach nur niederzuschreiben.

Auf Klebezetteln sollten die anwesenden Akteure ihre Ideen und Anregungen niederschreiben.
Auf Klebezetteln sollten die anwesenden Akteure ihre Ideen und Anregungen niederschreiben. Foto: Werner Heise


Es gibt viel Redebedarf in und über Wolfenbüttel, das wurde an diesem Abend noch einmal mehr als deutlich. Und das nicht nur zu Dingen, die die Stadtverwaltung mit ihrer Projektauswahl vorgegeben hat. Wie damit nun umgegangen wird, bleibt zunächst offen. Zwar fordert man die Wolfenbütteler in einem sechsten Projekt-Feld auf, auch offene Ideen und Anregungen einzureichen, doch auf die Frage, wer entscheiden würde, ob das dann etwas für den "TeamDialog" sei, hieß es, dass man da noch drüber nachdenken und mit den Bürgern diskutieren müsse.

Kira Jahnke von der Stadt Wolfenbüttel sammelte die offenen Ideen des Abends auf einem
Kira Jahnke von der Stadt Wolfenbüttel sammelte die offenen Ideen des Abends auf einem "Themenparkplatz". Foto: Werner Heise


Für die anderen fünf festgelegten Projekte hingegen stehen jetzt mehrere Workshop-Phasen an, zu denen man sich anmelden muss. Die Teilnehmerzahl ist auf 20 Personen beschränkt, wobei sich die Stadt hier eine gute Durchmischung mit Leuten aus allen Bereichen wünscht. Ob also die Anwesenden beim Infoabend am Ende überhaupt an den ersten Workshops teilnehmen können, bleibt ungewiss. Die Möglichkeit zur sofortigen Anmeldung gab es nicht. Der Abend endete mit einer Zusammenfassung des Feedbacks aus den Einzelgruppen und dem Hinweis, dass die Ergebnisse der Auftaktveranstaltung sowie weitere Informationen auf der Homepage der Stadt Wolfenbüttel veröffentlicht werden sollen.

Nach dem Bürgerbeteiligungsprozess "Zukunftsprofil Innenstadt" in den Jahren 2012 bis 2014 unter Bürgermeister Thomas Pink folgt nun also der "TeamDialog", um die Bürger und weitere vor Ort handelnde Akteure an der Entwicklung ihrer Stadt zu beteiligen. Das Projekt wird im Rahmen des Programms "Perspektive Innenstadt" mit EU-Mitteln gefördert. 75.000 Euro sind hierfür veranschlagt.

Lesen Sie hierzu auch den Kommentar von regionalHeute.de-Chefredakteur Werner Heise: "Format überdenken - Misslungener Auftakt für die Bürgerbeteiligung"


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