Berlin. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) aufgefordert, den Kinderfreibetrag nicht zu erhöhen, sondern stattdessen zu senken. "Der Kinderfreibetrag bedeutet eine Schlechterstellung von Kindern in Familien mit wenig Einkommen und erhöht somit die soziale Ungleichheit", sagte Fratzscher dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Freitagausgaben).
Trotz der Erhöhung des Kindergelds Anfang 2023 sei längerfristig betrachtet der Kinderfreibetrag stärker gestiegen, erklärte Fratzscher. "Der Versuch des Bundesfinanzministers, den Kinderfreibetrag nun noch stärker zu erhöhen, entbehrt jeglicher Grundlage und würde die Ungleichheit bei Kindern weiter vergrößern", mahnte der Ökonom.
Fratzscher sagte, in Zeiten knapper Kassen sollte die Bundesregierung sich auf zielgenaue Hilfen für bedürftige Kinder und Familien konzentrieren. "Daher sollte der Kinderfreibetrag reduziert werden, indem der auf den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf entfallende Anteil gekürzt wird, und die Kindergrundsicherung zur Bekämpfung von Kinderarmut schneller ausgebaut werden", forderte der DIW-Chef.
Der Kinderfreibetrag von aktuell 9.312 Euro besteht aus zwei Elementen: Der Freibetrag von derzeit 6.384 Euro für das sächliche Existenzminimum, darunter fallen die notwendigen Lebenshaltungskosten für Nahrung, Kleidung, Gesundheit oder Wohnung, ist von der Verfassung vorgeschrieben und kann daher nicht beliebig verändert werden. Das gilt aber nicht für das zweite Element. Dabei handelt es sich um den Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf (BEA) von aktuell 2.928 Euro. Dessen Höhe ist eine politische Entscheidung.
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