Gesundheitsminister beschließen: AstraZeneca nur noch für über 60-Jährige

Kurzfristig sollen nun 60 bis 70-Jährige geimpft werden können. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil wollen ein Impfangebot mit dem Wirkstoff von AstraZeneca annehmen.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Rudolf Karliczek

Berlin. Ab dem morgigen Mittwoch sollen nur über 60-Jährige den Impfstoff von AstraZeneca erhalten. Darauf haben sich die Gesundheitsminister in Bund und Ländern in einer Konferenz am heutigen Dienstag geeinigt. Der Beschluss sieht aber einen Ermessensspielraum für Ärzte vor, um auch unter 60-Jährige mit dem Vakzin impfen zu können. Der AstraZeneca-Impfstoff steht im Verdacht, in seltenen Fällen Hirnvenenthrombosen zu verursachen. Aufgrund der neuen Erkenntnisse sollen jedoch ab sofort 60 bis 70-jährige Impfungen mit dem AstraZeneca-Wirkstoff erhalten können. Ab wann das geschieht, sollen die Länder entscheiden.


Die Impfung von Personen, die jünger sind als 60 Jahre, solle laut dem Beschluss "nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung" weiterhin möglich sein. Die ständige Impfkommission (STIKO) hat nach mehreren Beratungen am heutigen Dienstag mehrheitlich entschieden, den AstraZeneca-Impfstoff auf Basis der derzeit verfügbaren Daten zum Auftreten seltener, aber sehr schwerer thromboembolischer Nebenwirkungen nur noch für Personen ab 60 Jahren zu empfehlen, da diese Nebenwirkung vier bis 16 Tage nach der Impfung, ganz überwiegend bei Personen im Alter unter 60 Jahren auftraten. Das Land Niedersachsen teilte bereits am Dienstagabend mit, dieser Empfehlung vollumfänglich zu folgen und keine weiteren Termine mehr für unter 60-Jährige mit dem Vakzin von AstraZeneca zu vergeben. Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens dazu: "Zum Glück kam heute die Nachricht, dass BioNTech seine Lieferungsmengen erhöhen kann. Insofern hoffen wir, dass die heutige Entscheidung nicht zu allzu großen Verzögerungen im Impffortgang führen wird."

Nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sei es in Deutschland bislang zu 32 Fällen von Sinusvenenthrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gekommen, in neun Fällen endeten diese tödlich. "Fast alle Fälle betrafen Frauen - in geringem Maße auch Männer", berichtet Spahn.

Was geschieht mit den Erstgeimpften?


Hinsichtlich der Frage der Verabreichung der zweiten Impfstoffdosis für jüngere Personen, die bereits eine erste Dosis der COVID-19-Impfung mit AstraZeneca erhalten haben, wolle die STIKO laut einem auf der Website des Robert-Koch-Institutes veröffentlichten Bericht bis Ende April eine ergänzende Empfehlung abgeben. Da die Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff Anfang Februar begonnen wurde, sind bei einem empfohlenen Impfabstand von zwölf Wochen die ersten Zweitimpfungen Anfang Mai vorgesehen. Über zwei Millionen Menschen unter 60 hätten laut Spahn bereits eine Erstimpfung mit AstraZeneca erhalten. In Niedersachsen sind es laut der Niedersächsischen Staatskanzlei rund 40.000 Menschen. "Die Erstimpfung mit ihrer Wirksamkeit besteht mindestens bis Anfang Mai auch fort. Wir wollen jetzt sehr zügig erörtern wie eine mögliche Zweitimpfung durchgeführt werden kann", so der Bundesgesundheitsminister. Hierbei werde auch erörtert, ob und wie hierbei ein anderer Impfstoff zum Einsatz kommen könne. Erstgeimpfte könnten jedoch auf ausdrücklichen Wunsch auch die Zweitimpfung mit dem Wirkstoff von AstraZeneca erhalten. Das Land Niedersachsen drängt auf eine schnelle Entscheidung. Landesgesundheitsministerin Daniela Behrens hebt hervor: "In Niedersachsen stehen eigentlich die ersten Zweitimpfungen ab dem 12. April an. Diese können wir um drei Wochen verschieben. Aber dann brauchen wir eine klare Empfehlung der Impfkommission, ob man die Zweitimpfung mit AstraZeneca oder einem anderen Impfstoff vollenden kann."

Aktuelle Impfgruppe wird erweitert


Eine Besonderheit der Erkenntnisse der vergangenen Wochen betrifft die Altersgruppen, für die der Wirkstoff von AstraZeneca künftig zugelassen sein wird. Fehlten am Anfang noch Daten zum Impfstoff für ältere Personen, hätten eine Studie aus Schottland und die Erkenntnisse der vergangenen Wochen gezeigt, dass das Vakzin bei über 60-Jährigen sogar noch wirksamer sei als bei Jüngeren. In dieser Altersgruppe habe es außerdem bislang keine Fälle von Sinusvenenthrombosen gegeben. In den Beratungen der Gesundheitsminister und Regierungschefs in Bund und Ländern sei man deshalb zu dem Ergebnis gekommen, fortan auch die 60 bis 69-Jährigen in die aktuell laufenden Impfungen mit einzubeziehen. Für diese stehe dann aktuell aber auch nur der AstraZeneca Wirkstoff zur Verfügung. Die Länder sollen nun entscheiden, ab wann sie diesen Beschluss in ihrer Impfkampagne umsetzen wollen. Die Pressemitteilung der niedersächsischen Staatskanzlei enthielt hierzu am Abend noch keine Informationen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Foto: Marvin König/Archivbild


"Wenn ich dran bin, lass ich mich impfen, auch mit AstraZeneca."

- Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)



Die schnelle Einbeziehung der 60 bis 69-Jährigen führte in der heutigen Pressekonferenz mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu einer etwas irritierten Bundeskanzlerin, als diese von einem Journalisten darauf hingewiesen wurde, dass sich die 66-jährige Kanzlerin ja jetzt auch impfen lassen könne. Merkel antwortet: "Wenn ich dran bin, lass ich mich impfen, auch mit AstraZeneca. Ich muss jetzt sehen, wie Berlin das handhabt, aber jetzt bin ich offenbar dran. Die Möglichkeit mich impfen zu lassen ist für mich näher gerückt, das ist richtig." Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil - 62 Jahre alt - bekräftigte am Dienstagabend, sich mit dem AstraZeneca-Impfstoff impfen lassen zu wollen.


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