Gesundheitsministerium prüft Ausweitung von Überkreuzorganspenden

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) erwägt eine Änderung des Transplantationsgesetzes und damit eine Ausweitung von Überkreuzspenden über Familie und enge Freunde hinaus.

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Symbolbild. | Foto: Über dts Nachrichtenagentur

Berlin. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) erwägt eine Änderung des Transplantationsgesetzes und damit eine Ausweitung von Überkreuzspenden über Familie und enge Freunde hinaus. Vor der diesbezüglichen Anhörung im Gesundheitsausschuss am Mittwoch sagte ein Ministeriumssprecher der "Welt" (Mittwochausgabe): "Das BMG prüft derzeit die Voraussetzungen einer Novellierung der Lebendspende im Hinblick auf die Erweiterung des Spenderkreises im Sinne der Einführung der Überkreuz-Nierenlebendspende."


In Vorbereitung einer Gesetzesänderung würden derzeit von der Fachabteilung des BMG Fachgespräche mit Experten aus Medizin und Rechtswissenschaften sowie mit Betroffenenverbänden geführt, so der Sprecher. In der Ampel-Koalition zeichnet sich bei dem Thema ein gemischtes Bild ab. Kathrin Helling-Plahr, Gesundheitspolitikerin der FDP-Fraktion, plädiert für eine liberalere Regelung: "Für mich ist zentral, dass kein besonderes Näheverhältnis zwischen Spender und Empfänger mehr bestehen muss, wenn eine Überkreuz-Lebendspende zwischen zwei Paaren erfolgt", sagte Helling-Plahr der "Welt". "Es geht darum, dass das Leben zweier Menschen gerettet werden kann. Dafür müssen beide Paare nicht persönlich miteinander bekannt sein."

Deutlich zurückhaltender ist hingegen Kirsten Kappert-Gonther, Gesundheitspolitikerin der Grünen-Bundestagsfraktion. "Gesetz und Praxis müssen verhindern, dass Druck auf Angehörige oder Dritte aufgebaut wird", so Kappert-Gonther. Die postmortale Organspende habe zu Recht Vorrang vor der Lebendspende, weil die Entnahme von Organen zu Lebzeiten mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbunden sei.

Dem Organhandel dürften nicht Tür und Tor geöffnet werden, warnt Kappert-Gonther. Die Unionsfraktion bereitet indes aktuell einen eigenen Antrag vor. "Dass das BMG immer nur `prüft` und Minister Lauterbach immer nur `ankündigt`, ist mir zu wenig", sagte Stephan Pilsinger, CSU-Gesundheitspolitiker. Neben einem konkreten Gesetzentwurf müsse das Ministerium bereits jetzt die organisatorisch-technischen Voraussetzungen für Überkreuz-Spenden schaffen.

Dazu gehöre insbesondere der Aufbau eines Datenpools und eines Algorithmus, der die medizinisch passenden Überkreuz-Paare eruiert, so Pilsinger. In großen Teilen des Gesundheitswesens ist die Bereitschaft für die Etablierung von Überkreuz-Spenden ebenfalls hoch. Auf dem Deutschen Ärztetag 2021 wurde eine Reform des Transplantationsgesetzes gefordert, um den Spenderkreis auszuweiten. Aus ärztlicher Sicht könne "ein gleichartiges Schicksal einander bisher nicht bekannter Menschen genauso eng verbinden wie einander nahestehende Personen", heißt es im Beschluss.

Eine Crossover-Lebendspende werde in vielen Ländern bereits durchgeführt und dort auch von deutschen Staatsangehörigen in Anspruch genommen. Als "umständlich, hinderlich und unseres Erachtens unnötig" bezeichnet Hermann Pavenstädt, Präsident der deutschen Gesellschaft für Nephrologie, den aktuell in Deutschland notwendigen Umweg über den Aufbau einer emotionalen Bindung zwischen den beiden Paaren. Er hält eine Erweiterung der Überkreuz-Spende auf gleich mehrere Paare, genannt Kettenspende, für sinnvoll, "um mehr Menschen die Notwendigkeit einer lebenslangen chronischen Dialysetherapie zu ersparen". Auch nach Ansicht des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung schränkt das Kriterium der besonderen persönlichen Verbundenheit die Möglichkeiten der Spende erheblich ein.

"Durch Überkreuz-Spenden ließe sich die Zahl kompatibler Lebendspenden vergrößern", heißt es in einer Stellungnahme. Gleichzeitig werde die Entscheidung durch mögliche Crossover-Regelungen von einer "überschaubaren Paarentscheidung zu einer weniger übersichtlichen Gruppenentscheidung". Diese habe "datentechnische, organisatorische und leistungsrechtliche" Folgewirkungen. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft, hält Crossover-Spenden unter einer strengen Regulierung und staatlichen Aufsicht für denkbar.

"Eine anonymisierte Registerlösung, die auch jegliche finanzielle Interessen unmöglich macht, wäre ein geeigneter Weg", sagte er.


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