Gifhorn. Klarheit für die Conti-Beschäftigten in Gifhorn: Betriebsrat, IG Metall und das Unternehmen haben sich in der Nacht zu Mittwoch nach langen, aber stets konstruktiven Verhandlungen auf einen Sozialplan im Zuge der Ende 2027 bevorstehenden Schließung des Standortes verständigt. Darüber informiert die IG Metall Wolfsburg in einer Pressemitteilung.
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Im Rahmen einer Betriebsversammlung informierten Betriebsrat, IG Metall und die Standortleitung die Beschäftigten am Mittwoch umgehend über die Verhandlungsergebnisse.
Modell „Von Arbeit in Arbeit“
Im Zentrum des Sozialplans steht das gemeinsam von Continental im Zusammenwirken mit der IG Metall entwickelte Modell „Von Arbeit in Arbeit“. Unterstützung bekamen die Sozialpartner dabei auch von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Ziel des Modells ist es, möglichst allen derzeit noch rund 1.000 vom Arbeitsplatzverlust betroffenen Mitarbeitern eine Anschlussbeschäftigung außerhalb des Continental-Konzerns bei namhaften und tarifgebundenen Unternehmen in der Region Gifhorn zu ermöglichen und damit auch die industrielle Struktur und Beschäftigungsperspektiven in der Region zu erhalten.
Mit dem Wärmepumpenhersteller Stiebel-Eltron, der am Standort Gifhorn schrittweise eine Produktion von Edelstahlspeichern aufbauen will, wurde bereits im Dezember 2023 eine Absichtserklärung abgeschlossen. Danach ist es das gemeinsame Ziel, Stiebel Eltron einen Zugang zu den am Standort Gifhorn verfügbar werdenden Fachkräften zu bieten und gleichzeitig möglichst vielen der von dem Geschäftsausstieg betroffenen Mitarbeitern nachhaltige Beschäftigungsperspektiven am Standort Gifhorn aufzuzeigen. Nach aktuellem Stand plant Siebel Eltron mittelfristig mit bis zu 350 Arbeitsplätzen. Mit Siemens Mobility und Rheinmetall wurden mittlerweile weitere Absichtserklärungen unterzeichnet. Die Suche nach weiteren Partnern hält an.
Blaupause für erfolgreichen Strukturwandel
Die IG Metall sieht in dem Modell eine mögliche Blaupause für erfolgreichen Strukturwandel. „Unser Ziel war, Industrie und Arbeitsplätze in der Region zu halten. Durch die gemeinsamen Anstrengungen von Continental, den Betriebsräten und der IG Metall ist das gelungen. Dieser Fall ist ein schönes Beispiel für verantwortungsvolles Handeln. Er hat das Potential dazu, als Blaupause zu dienen, wie Veränderungen in der Automobilindustrie nachhaltig fair und ohne einen Kahlschlag bei gut bezahlten Industriearbeitsplätzen gelingen können“, sagt Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall.
Auch Abfindung möglich
Flankiert werde das Modell im Sozialplan von einem attraktiven Abfindungsprogramm. IG Metall und Betriebsrat sei es gelungen, die vorher und bis Ende 2023 gültigen Abfindungssummen nochmals zu übertreffen. Das Besondere daran: Sowohl für alle Beschäftigten, die kein Angebot zur Weiterbeschäftigung im Rahmen des Programms „Von Arbeit in Arbeit“ erhalten, als auch für alle Beschäftigten, die eine Vermittlung durch Continental beispielsweise aufgrund einer anderen Lebensplanung ablehnen, wird es eine Abfindungszahlung in voller Höhe geben.
Voraussetzung sei lediglich die Teilnahme an einem Beratungsgespräch. Für alle, die vermittelt werden können, fließt eine leicht reduzierte Abfindung - abhängig davon, wie ihr künftiger Lohn im Vergleich zum aktuellen Entgelt bei Conti ausfällt. Bei gleichem oder besserem Entgelt wird beispielsweise die Basisabfindung um 20 Prozent reduziert.
Nach der Einigung auf den Sozialplan steht nun die erste Phase des Modells „Von Arbeit in Arbeit“. In dieser sollen die Beschäftigten mit allen relevanten Informationen über die Zielunternehmen versorgt werden. Im Anschluss daran werden die Beschäftigten nach ihrem Interesse an einer Anschlussbeschäftigung bei den Zielunternehmen befragt.
Stimmen aus der Politik
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) äußert sich in einem Presse-Statement: „Die Unterzeichnung des Sozialplans für das Gifhorner Continental Werk ist ein großer Schritt in die richtige Richtung und das Ergebnis der guten Gespräche zwischen Continental und IG Metall sowie des großen Engagements des Betriebsrates. Mit dem Sozialplan bekennen sich beide Parteien zum Programm `Von Arbeit in Arbeit´ und schaffen gleichzeitig Sicherheit für die Kolleginnen und Kollegen, die kein Angebot im Rahmen dieses Programms erhalten oder eine andere Lebensplanung haben. Ich werde diesen Prozess weiter im engen Austausch mit Continental und der IG Metall politisch und mit den Instrumenten der Bundesagentur für Arbeit begleiten.“
Auch der Gifhorner SPD-Landtagsabgeordnete Philipp Raulfs meldet sich zu Wort: „Ein Sozialplan ist für die Beschäftigten immer erst einmal mit Sorgen verbunden. In diesem Fall konnte aber dank der Unterstützung der IG Metall ein gutes Ergebnis verhandelt werden. Wichtig bleibt: Die Beschäftigten brauchen Perspektiven der Beschäftigung, auch am Standort Gifhorn. Hier müssen wir am Ball bleiben, damit unsere Region stark bleibt.“
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