Gifhorn. Der Landkreis Gifhorn – vertreten durch den Fachbereich „Jugend“ – plant, zum 1. März das bestehende Kinderschutzverfahren zu novellieren. Hierbei orientiert sich der Landkreis an dem fast niedersachsenweit angewandten Fachstandard vieler Jugendämter, die ihren Kinderschutz auf der Grundlage des Konzeptes der sogenannten „Kinderschutz-Matrix“ sicherstellen. Dies teilte der Landkreis mit.
Schirmherr und Ideengeber dieses Konzeptes ist Prof. Dr. Christof Radewagen von der Hochschule Osnabrück. Er war Mitglied der niedersächsischen „Lügde-Kommission“, die sich anlassbezogen wegen mehrerer schwerer Fälle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen auf einem Campingplatz in Lügde zur Aufgabe gemacht hat, die fachlichen Standards des Kinderschutzes zu überarbeiten. Im Dezember 2020 hat diese Kommission ihren Abschlussbericht vorgelegt. Der Bericht enthält Empfehlungen für den Kinderschutz in Niedersachsen, mit dem Ziel, dass strukturelle Fehler für die Zukunft minimiert werden. Die von Radewagen erarbeitete „Kinderschutz-Matrix“ ist dabei das zentrale Element.
In der Praxis müssen die Fachkräfte der freien und öffentlichen Jugendhilfe in der Lage sein, beim Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte einer Kindeswohlgefährdung eine inhaltlich fundierte, theoriegeleitete Gefährdungseinschätzung vorzunehmen, mit dem Ziel eine fachlich fundierte Prognose hinsichtlich des weiteren Fallverlaufs abzugeben, die wirkungsvoll den Schutz von Kindern und Jugendlichen sicherstellt. Den Fachkräften ein wirkungsvolles Instrument an die Hand zu geben, ist gleichermaßen bedeutsam wie die Notwendigkeit, beim Thema Kinderschutz auf eine gemeinsame fachliche Sprache hinzuarbeiten, die eine inhaltlich widerspruchsfreie Argumentationskette zum Ziel hat.
Leichtere Einordnung
Durch die „Kinderschutz-Matrix“ werden Fachkräfte noch gezielter in die Lage versetzt, eine fachliche und rekonstruierbare Entscheidung treffen zu können. Mithilfe des Konzepts kann eine Art Schablone geboten werden, die sich über jeden Fall legen lässt. Sie hilft den Fachkräften dabei, Fälle „abzuscannen“. Letztendlich werden Kinderschutzfälle dadurch nicht leichter. Die klare Struktur der „Matrix“ erleichtert es jedoch, auch komplexe Fälle fachlich-strukturell erfassen zu können.
Zentral ist die Einschätzung der Dimension zur Erziehungsfähigkeit der Eltern. Die Erziehungsfähigkeit wird dabei als Komplementärbegriff zur Kindeswohlgefährdung gesehen. Das heißt, dass eine mangelnde Erziehungsfähigkeit in der Regel auf ein Defizit an elterlichen Erziehungskompetenzen zurückzuführen ist. Um dies in der Praxis gut herauszuarbeiten und den effektiven Schutz für Kinder und Jugendliche
sicherstellen zu können, werden die (unzureichend erfüllten) Grundbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit der Erziehungsfähigkeit in Zusammenhang gebracht, zentrale Gefährdungsmerkmale isoliert und die im Familiensystem bestehenden Risikofaktoren mit ihren Auswirkungen auf den jungen Menschen mit aufgegriffen.
Fachtagung geplant
Für die Einführung dieses neuen Verfahrens im Kinderschutz hat sich der Landkreis vorgenommen, am 4. März im Schloss Gifhorn (Rittersaal) eine Fachtagung mit dem Titel „Einführung ins neue Kinderschutzverfahren des Landkreises Gifhorn: die Kinderschutz-Matrix“ für alle Akteure und Interessierten anzubieten, die von Beginn an einlädt, strukturelle Einblicke zu erhalten. Radewagen, der als Fachreferent durch die Veranstaltung leiten wird, lädt hierbei ein, teilzuhaben an seinen Fachvorträgen mit den Titeln „Grundlagen des Kinderschutzes“ und „Die Kinderschutz-Matrix“.
Veranstaltungsbezogene Fragen beantwortet gern der Abteilungsleiter des Sozialen Dienstes des Landkreises Gifhorn, Jens Moldenhauer, unter der Telefonnummer (05371) 82860 oder per E-Mail an jens.moldenhauer@gifhorn.de.
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