Mangel an Baumaterial treibt Gifhorner Handwerksbetriebe in die Krise

Teilweise müssen Aufträge abgelehnt werden, weil das Material fehlt. Außerdem sind Preiserhöhungen von bis zu 300 Prozent zu verzeichnen.

Der Bürgermeister machte sich vor Ort ein Bild.
Der Bürgermeister machte sich vor Ort ein Bild. | Foto: Stadt Gifhorn

Gifhorn. Es war ein Hilferuf, mit dem sich Peter Prause, Inhaber der Firma Kuhn Holzbau Gamsen und Karsten Ziebart, Geschäftsführer der Firma Ziebart Abbundtechnik GmbH aus Isenbüttel im Namen vieler anderer Betriebe an Bürgermeister Matthias Nerlich wandten. Die Gründe: Der Mangel an Baumaterial und teils astronomische Preissteigerungen treiben die Betriebe in eine existenzielle Krise. 

Matthias Nerlich traf sich jetzt mit den beiden Firmeninhabern in Gamsen und versprach dafür zu sorgen, dass die dramatische Lage der Handwerksbetriebe in der Landes- und Bundespolitik wahrgenommen würde. Das teilt die Stadt Gifhorn in einer Pressemitteilung mit.


„Zusammen mit unserer Wirtschaftsförderung möchte ich wieder eine Video-Konferenz veranstalten, um die Vertreter des örtlichen Handwerks mit unseren Bundes- und Landespolitikern zusammenzubringen, damit sich diese aus erster Hand ein Bild der Lage machen können.“

Bis Ende des Jahres in Kurzarbeit


Peter Prause, bei dem Bauholz das meist verwendete Baumaterial ist, hat seine gesamte Mannschaft bis Ende des Jahres in Kurzarbeit geschickt. „Wenn das so weitergeht, werden wir sicherlich bald einige Handwerksbetriebe ganz verschwinden sehen“, sagt er. Womit Prause zu kämpfen hat, sind nicht nur die kontinuierlich steigenden Preise, sondern auch die Verfügbarkeit der Materialien.

„Mittlerweile machen die Großhändler Tagespreise und die Mengen werden zugewiesen. Ich zum Beispiel erhalte 20 Kubikmeter Holz im Monat, das reicht für den Dachstuhl von anderthalb bis zwei Einfamilienhäusern. Das ist das Arbeitspensum von einer Woche“, sagt Prause. „Die restlichen drei Wochen können wir nicht arbeiten.“ Dabei habe er es noch ganz gut. Auf seiner großen Lagerfläche könne er Material ansammeln, bis es für einen Auftrag reiche. 

Trotzdem: „Ich musste in diesem Jahr schon ein großes Projekt absagen, weil ich das Holz für die geplante Gebäudeaufstockung nicht bekommen konnte.“


Für Ziebart, der für die Zimmereibetriebe von Hannover bis Kassel als Dienstleister das Holz für die Dachstühle sägt, sind es vor allem die gigantischen Preissteigerungen. „Bis zu 300 Prozent“, sagt er. „Wir machen Verträge mit den Kunden und bestellen das Holz, und wenn das Holz kommt, ist es schon wieder teurer geworden. Die Auftragsbücher sind voll, aber wir wissen nicht, ob das Material kommt und was es dann kostet. Da kann man weder kalkulieren noch planen.“ Ziebart prophezeit: „Wir werden ein Massensterben von Bauunternehmen erleben.“ Auch das beobachtet er inzwischen: „Bauherren, die mit einem Bauträger bauen, kündigen ihr Bauvorhaben, weil die Bank bei den Preissteigerungen nicht mehr mitgeht“. Ziebart selbst erhalte vom Großhändler 25 Kubikmeter Holz zugeteilt. „Ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt er.

"Bund und Land müssen wissen, was an der Basis los ist"


Sowohl Peter Prause als auch Karsten Ziebart wollen erreichen, dass die Brisanz der aktuellen Situation auf Bundes- und Landesebene wahrgenommen wird und die Politik entsprechend handelt. „Sie müssen wissen, was an der Basis los ist“, sagt Ziebart und stößt bei Matthias Nerlich auf offene Ohren. „Ich nehme sofort Kontakt mit den Landtags- und Bundestagsabgeordneten auf, damit sie Druck auf das Wirtschaftsministerium machen. Wir dürfen keine Zeit verlieren, denn die Baustoffkrise berührt ja nicht nur die Bauunternehmen, sondern zieht weite Kreise in viele Lebensbereiche. Das reicht vom privaten Hausbauer bis zu den öffentlichen Projekten, die wir derzeit planen.“


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