Gifhorn. Die Biographien von insgesamt 62 Personen, die während der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 gelebt haben und nach denen in Gifhorn Straßen benannt worden sind, wurden durch den Historiker Dr. Manfred Grieger von der Georg-August-Universität Göttingen wissenschaftlich untersucht. Die Ergebnisse könnten dazu dienen, dass das Ansehen mancher dieser Personen neu bewertet werden muss und gegebenenfalls auch eine Umbenennung der Straße erfolgen wird.
"Derzeit gibt es noch keine konkreten Pläne zur Umbenennung von Straßen. Neben der Beratung in den einzelnen Fraktionen werden sich auch die städtischen Gremien mit dem Thema befassen. Das Ergebnis der Untersuchung von Dr. Grieger stellt dabei eine wichtige Grundlage für die weitere Beratung und Beschlussfassung dar", erklärt Christian Schnur aus dem Büro des Bürgermeisters auf Anfrage von regionalHeute.de. Der untersuchte Personenkreis gliedere sich auf in 24 lokale Persönlichkeiten, elf Politiker, elf Widerstandskämpfer, elf Unternehmerund Technikersowie fünf Sportfunktionäre, Künstler, Medizinerund Regenten.
Neben Personen wie Paul von Hindenburg oder Carl Diem, deren Ruf in der Forschung schon seit längerem umstritten ist, wurden auch braune Flecken auf der weißen Weste von Persönlichkeiten gefunden, bei denen dies noch nicht so vielen bekannt war. Etwa die ehemaligen Bürgermeister der Stadt Herbert Trautmann und Ludwig Kratz. In allen Fällen sollen nun Verdienste und Verfehlungen gegeneinander abgewogen werden. Ob und wann es zu Umbenennungen von Straßen kommt, ist also noch offen.
An der Carl-Diem-Straße befestigten Unbekannte Flublätter, die auf die umstrittene Vergangenheit des Sportfunktionärs hinweisen. Foto:
Geht es nach der AfD-Fraktion im Rat der Stadt, sollen auch die Anwohner bei der Entscheidung mitzureden haben. Wie die AfD in einer Pressemitteilung berichtet, hat sie einen Antrag in die Gremien eingereicht, dass bei beabsichtigten Straßenumbenennungen in jedem Fall vorab eine Anwohnerbefragung durchzuführen sei und dass im Rahmen dieser Befragung den Anwohnern ausführliche Informationen zur Verfügung zu stellen seien. Die sich aus der Anwohnerbefragung ergebenden Erkenntnisse sollen dann in der Verwaltungsvorlage für den Ausschuss, der über die Straßenumbenennung entscheidet, dargestellt werden.
Anwohnerbeteiligung ist rechtlich möglich
Theoretisch denkbar ist dies schon. "Für die Umbenennung von Straßen ist der Rat der Stadt Gifhorn zuständig. Hierzu gibt es weder bundesrechtliche noch landesrechtlichen Regelungen oder Vorgaben. Jede Kommune entscheidet für ihren Bereich in eigener Zuständigkeit über die Benennung von Straßennamen oder deren Umbenennung. Die Einbindung von Anwohnerinnen und Anwohnern zum Beispiel mittels einer Befragung ist rechtlich möglich", erklärt Christian Schnur für die Stadt Gifhorn auf Anfrage unserer Online-Zeitung.
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