Gifhorn. Im Gifhorner Bauamt kriselt es. Bauanträge warten teils mehrere Monate auf Bearbeitung. Dass die Landkreisspitze die Leitung des Fachbereichs Bauordnung und Ortsplanung nun intern versetzte und höher dotiert neu ausschrieb, sorgte seitens der Gifhorner Sozialdemokraten für heftige Kritik (regionalHeute.de berichtete). Von "reiner Symbolpolitik" auf Kosten der Mitarbeiter war gar die Rede. Im Gespräch mit regionalHeute.de verteidigt sich der verantwortliche Landrat Dr. Andreas Ebel gegen die Vorwürfe: "Die gezogenen Schlussfolgerungen sehe ich weder als zutreffend noch als seriös an."
Die Situation in der Bauordnung war in den vergangenen Monaten mehrfach Gegenstand in den politischen Gremien des Landkreises. Die zu treffenden Beschlüsse, beispielsweise um neue Stellen zu schaffen, seien stets mit großen Mehrheiten getroffen worden, wie der Landrat betont. "Was die aktuelle Situation betrifft, hatte der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion am 16. Oktober eine Anfrage zu diesem Thema an mich als Verwaltungsvorstand gestellt. Diese werde ich in der bevorstehenden Sitzung des Kreistages am 28. Oktober beantworten. Die SPD-Kreistagsfraktion hat offensichtlich entschieden, schon im Vorfeld des Kreistages mit vorgefertigten Behauptungen und daraus abgeleiteten Bewertungen den Weg in die Öffentlichkeit zu suchen. Dabei hat die SPD-Kreistagsfraktion leider nicht die Antwort der Kreisverwaltung abgewartet."
Was sollte die Versetzung?
Letztlich steht mit der erfolgten internen Versetzung der Abteilungsleitung Bauordnung für die SPD die Frage im Raum, wie diese Maßnahme gegen den hohen Rückstau an Bauanträgen helfen soll. Und wohin wurde sie überhaupt versetzt? "Die Stelle des Fachbereichs Gesundheit war vakant. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, welch erhebliche Bedeutung dieser Aufgabe zukommt und dass für diese Stelle eine erfahrene Führungskraft benötigt wird. Diese wurde mit der Leiterin der Abteilung Bauordnung und Ortsplanung gefunden", erklärt der Landrat unserer Online-Zeitung. Im Bereich der Bauordnung habe man die Organisationsentscheidung getroffen, dass die Leitung der Abteilung Bauordnung und Ortsplanung künftig einer Führungskraft mit (bau-)technischer Qualifikation übertragen werden soll. "Diese Stelle ist derzeit ausgeschrieben und soll schnellstmöglich besetzt werden", kommentiert der Landrat. Aufgrund der höheren Qualifikation ist also auch eine höhere Bezahlung vorgesehen. Die Interessen der Mitarbeiterin, die nun den Fachbereich Gesundheit leitet, seien bei der Entscheidung gewahrt worden. Dem Vorwurf der "willkürlichen Versetzung" seitens der SPD widerspricht der Landrat: "Die Entscheidung wurde von allen Seiten sorgfältig abgewogen und unterschiedliche Gesichtspunkte berücksichtigt."
Der Landrat könne auch den Vorwurf der immer schlechteren Stimmung in der Verwaltung nicht nachvollziehen: "Hierzu ist zu sagen, dass in vielen Bereichen, so auch in der Bauordnung, die Mitarbeitenden in laufende Veränderungsprozesse einbezogen werden. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Führungskräften. Hierzu erreichen mich regelmäßig durchweg positive Rückmeldungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch was die Atmosphäre betrifft."
Was wurde bereits getan?
Der Landkreis Gifhorn habe nach Angaben des Landrats bereits verschiedene Maßnahmen eingeleitet, die dabei helfen sollen, die Bearbeitungszeiten zu verkürzen. Dazu gehöre beispielsweise ein landesweites Pilotprojekt: Freiberufler unterstützen die Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter des Landkreises Gifhorn bei vorbereitenden Prüfaufgaben. Auch das Stammpersonal sei um drei weitere Ingenieure verstärkt worden. Derzeit bestünden 25 Stellen in der Abteilung Bauordnung und Ortsplanung. Ebel berichtet auch von einer gemeinsamen Initiative mit den Bauaufsichtsbehörden der benachbarten Landkreise und der Architektenkammer, um die Vollständigkeit und Qualität der eingereichten Entwurfsunterlagen zu verbessern. Ebel erinnert: "Maßgeblich für die zeitnahe Bescheidung der Bauanträge ist nach wie vor die Vollständigkeit der Bauanträge."
Mit den eingeleiteten Maßnahmen hätten sich bereits erste Erfolge eingestellt. "Im Vergleich zum Vorjahr genehmigten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ersten Halbjahr gut 200 Bauanträge mehr. Außerdem konnte im Vergleich zum Vorjahr die Bearbeitungszeit bereits um 50 Prozent reduziert werden. Von Mai bis Ende August dieses Jahres wurden 20 Prozent des Rückstaus abgebaut. Das bedeutet, dass bei einer gleichbleibenden Anzahl eingehender Anträge die offenen Anträge von 500 auf derzeit unter 400 in nur vier Monaten reduziert werden konnten. Es wird alles daran gesetzt, die noch ausstehenden Bauanträge schnellstmöglich abzuarbeiten", rückt Ebel die Zahlen ins Bild.
Was können Bauherren tun?
Mit dem sogenannten Mitteilungsverfahren nach Paragraf 62 der Niedersächsischen Bauordnung hätten Bauherren und Entwurfsverfasser ebenfalls ein Werkzeug an der Hand, um die Bearbeitungsdauer so kurz wie möglich zu halten. "Es handelt sich um eine vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen unter anderem Wohngebäude ohne Baugenehmigung errichten zu können", erklärt Andreas Ebel und ergänzt: "Hierfür ist es unter anderem erforderlich, dass es einen rechtskräftigen Bebauungsplan gibt, der als Baugebietstypik ein Kleinsiedlungsgebiet, ein reines Wohngebiet, ein allgemeines Wohngebiet oder ein besonderes Wohngebiet festgesetzt hat." Weiterhin sei erforderlich, dass die Gemeinde dem Bauherren bestätigt hat, dass die Erschließung gesichert ist und eine vorläufige Untersagung nach Paragraf 15 I Satz 2 des Baugesetzbuches nicht beantragen wird. "Diese Mitteilungen werden häufig angewandt. Der Bauherr baut in diesen Fällen aber auch auf „eigenes Risiko“, da die eingereichten Unterlagen durch die Bauordnung nicht inhaltlich geprüft werden, sondern lediglich auf Vollständigkeit überprüft werden", erklärt Landrat Ebel die Nachteile.
Bis Mitte Oktober seien in diesem Jahr 172 Bestätigungen erteilt worden, dass die Mitteilung vollständig eingegangen ist und mit der Baumaßnahme begonnen werden darf. Da lediglich die Vollständigkeit der Unterlagen durch die Verwaltung geprüft werde, erhielten die Bauherren häufig bereits innerhalb von einer guten Woche nach dem Eingang den begehrten „Roten Punkt“. "Der Paragraf 62 der niedersächsischen Bauordnung zielt gerade auf die Entlastung der Bauaufsichtsbehörden ab. Durch einen Antrag nach dem Mitteilungsverfahren spart der Bauherr Zeit und die Verwaltung wird entlastet", so Ebel zu den Vorteilen, die dieses Verfahren ebenfalls biete.
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