Goslar. 1.013 Ratsuchende haben sich im Corona-Jahr 2020 an die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche (BEKJ) des Landkreises Goslar gewandt. Der Beratungsbedarf, so fasst es Claudia Brümmer, Diplom Psychologin und Leiterin der BEKJ, zusammen, bewegt sich demnach weiterhin auf einem hohen Niveau, und das obwohl Corona auch die Arbeit der insgesamt drei Beratungsstellen im Kreisgebiet kräftig auf den Kopf gestellt hat. Insgesamt, so der Landkreis Goslar in einer Pressemitteilung, habe sich die Lebensqualität von Kindern durch die Corona-Pandemie verschlechtert.
„Ab dem Zeitpunkt als persönliche Kontakte nicht mehr stattfinden sollten und durften, haben wir unseren Klientinnen und Klienten zunächst Telefon- und Mailberatungen angeboten. Eine Vorgehensweise, die wir uns in der Vergangenheit kaum vorstellen konnten, denn der persönliche Kontakt zu den Ratsuchenden genießt bei uns seit jeher hohe Priorität. Aber auch wir mussten hier umdenken, und uns den Bedingungen und Anforderungen der Pandemie anpassen“, erläutert Claudia Brümmer die Situation zu Beginn der Pandemie im März 2020. Im Sommer als sich die Lage entspannte, konnten Beratungsgespräche auch wieder vor Ort durchgeführt werden. Natürlich immer unter Beachtung der jeweiligen Hygiene- und Abstandsregeln.
Mit dem zweiten Lockdown ging schließlich auch die BEKJ dazu über, Beratungsgespräche in den virtuellen Raum zu verlegen, um den Ratsuchenden eine breitere Palette an Beratungssettings zur Verfügung stellen zu können. Thematisch, so ist dem Jahresbericht der BEKJ zu entnehmen, waren es erneut Probleme in der Schule und der Ausbildung die den häufigsten Beratungsbedarf auslösten. Hinzu kamen jedoch auch vermehrt Schwierigkeiten, die durch die Corona bedingten Kontaktbeschränkungen und den veränderten Alltag auftraten. „Besonders seit dem Spätherbst 2020 haben wir immer häufiger bemerkt, dass viele Familien zunehmend erschöpft sind, und sich der Spagat zwischen Arbeit, Homeoffice, Homeschooling, der Betreuung der Kindergartenkinder und der Bewältigung des Haushalts immer mehr zur Belastungsprobe entwickelte“, berichtet BEKJ-Leiterin Brümmer.
Langfristige psychische Probleme erwartet
Erste Untersuchungen zu den Auswirkungen der Einschränkungen, die insbesondere Kinder und Jugendliche treffen, liegen inzwischen vor. So hat sich die Zahl der Kinder mit niedriger Lebensqualität seit Pandemie-Beginn verdreifacht. Betroffen davon sind vor allem Kinder aus sozial schwächeren Familien. In den Untersuchungen wird laut Darstellung im BEKJ-Jahresbericht unter anderem von einer Zunahme psychosomatischer Symptome und Depressionen berichtet. Ferner ist eine Zunahme von Sorgen und Ängsten zu beobachten.
Brümmer und ihr Team gehen davon aus, dass auch langfristige Effekte auf die Psyche für die Zeit nach dem Lockdown zu erwarten sind.
„Die Kinder und Jugendlichen leiden darunter, dass seit einem Jahr die Kontaktmöglichkeiten zu Gleichaltrigen stark eingeschränkt sind. Dies bedeutet für die jungen Menschen nur vordergründig einen Verlust an Lebensqualität und Zerstreuung. Entwicklungspsychologisch gesehen sind viele Entwicklungsaufgaben des Kindes- und Jugendalters eigentlich soziale Anpassungsleistungen, die im Kontakt mit anderen Menschen in möglichst verschiedenen sozialen Situationen eingeübt werden müssen. Unter den Pandemiebedingungen finden diese Kontakte aber gerade nicht statt“, skizziert Brümmer die vielschichtige Problematik.
Beratungsstelle feiert 50-jähriges Bestehen
Für die BEKJ war das vergangene Jahr aber auch wegen eines anderen, erfreulichen Ereignisses, bemerkenswert, denn die Beratungsstelle Goslar konnte 2020 auf ihr 50-jähriges Bestehen zurückblicken. Ursprünglich sollte dies groß gefeiert werden. Wie jedoch nahezu jede Veranstaltung fiel auch das Jubiläum der Pandemie zum Opfer.
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