Braunlage/Braunschweig. Mehr als drei Jahre nach dem Mord an einer Küsterin in Braunlage, steht der Täter ab dem kommenden Montag wieder vor Gericht. In der Verhandlung vor dem Braunschweiger Landgericht soll die Frage der besonderen Schwere der Schuld geklärt werden.
Dies teilte die Pressesprecherin des Landgericht Braunschweig, Maike Block-Cavallaro, auf Nachfrage vor regionalHeute.de mit. Der Mann, der am 16. November 2012 seine Ehefrau in der Sakristei der Kirche, in der sie als Küsterin arbeitete, durch einen Schuss in den Hinterkopf tötete, wurde vom Landgericht Braunschweig wegen Körperverletzung und Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hin, wurde das Urteil des Landgerichts Braunschweig später aufgehoben. Wegen einiger Wertungsfehler soll der Fall nun am Montag erneut aufgerollt werden, so lautet das Urteil des Bundesgerichtshofes. Die bewusste und energische Instrumentalisierung seiner Kinder und die Tatsache, dass der Mann die Tat innerhalb einer Bewährungsauflage begann, würden ausreichen, um die besondere Schwere der Schuld geltend zu machen. So habe die Schwurgerichtskammer bei der Prüfung der Schuldschwere nicht berücksichtigt, dass der Angeklagte bereits zuvor wegen der Misshandlung seiner schwerbehinderten Tochter zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Die Verhandlung am Montag würde an der Verurteilung wegen Mordes nichts ändern, teilte Maike Block-Cavallaro mit. Lediglich die Dauer der Haftstrafe würde sich ändern, sollte die besondere Schwere der Schuld festgestellt werden. Dann würde nach 15 Jahren nicht die Aussicht auf Bewährung bestehen, sondern erst nach weiteren Jahren und Prüfungen.
Was damals geschah
Laut Gerichtsakten- und Mitteilungen hat der damals 53-Jährige Mann seine Ehefrau in der Kirche der Gemeinde, in der sie Küsterin war, mit einem Gewehr getötet. Anschließend versteckte er die Leiche im Keller, wobei ihm zwei seiner Kinder helfen mussten. "Seine Tochter und sein damals 20-jähriger Sohn hatten vor der Kirche gewartet. Sie hörten den Schuss und eilten in die Kirche. Auf Weisung des Angeklagten halfen sie in traumatisiertem Zustand, Blut und Gewebeteile der getöteten Mutter zu beseitigen und die Leiche in den Keller zu tragen", heißt es in der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes. Weiter heißt es in der Urteilsschrift des Bundesgerichtshof vom 18. Juni 2014: "Der Angeklagte war mit seiner Ehefrau seit 1985 verheiratet und hatte mit ihr zehn Kinder. Nach seiner Rückkehr von einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt war seine Frau nicht mehr zur Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft bereit. Der Angeklagte wollte sie aber unbedingt dazu bewegen, wieder mit ihm zusammenzuleben. Er verfiel auf die Idee, sie in einen Zustand zu versetzen, in dem sie auf seine Unterstützung bei der Haushaltsführung und der Erziehung der Kinder angewiesen sein würde. Zu diesem Zweck zerstieß er Tabletten eines hochwirksamen und potentiell lebensgefährlichen Neuroleptikums in kleine Stücke. Das Pulver gab er seiner damals zwölfjährigen Tochter und täuschte vor, es handele sich um Zucker. Das Mädchen glaubte seinem Vater und mischte, dessen Weisungen folgend, das Medikament dem Tee der Mutter bei. Die unbemerkte Aufnahme des Medikaments führte bei dieser im Oktober und Anfang November 2012 zu schwerwiegenden Ausfallerscheinungen, die eine ärztliche Behandlung notwendig machten. Das Mädchen ahnte, dass die Krankheit der Mutter mit den Beimischungen in Zusammenhang stehen könnte, und stellte diese ein. Der Gesundheitszustand der Mutter besserte sich. Nachdem der Angeklagte am 16. November 2012 erfahren hatte, dass seine Ehefrau die Scheidung betrieb, beschloss er, sie zu töten, falls sie nicht zu ihm zurückkehre. In der Kirche, in der sie als Küsterin arbeitete, versteckte er seine Vorderschaftrepetierflinte. Vermutlich nach einem gescheiterten letzten Versöhnungsversuch trat er von hinten an seine sich keines Angriffs versehende Frau heran. Als sie gerade die Tür zur Sakristei absperrte, tötete er sie mit einem Schuss in den Hinterkopf aus der herbeigeholten Waffe." Der Vater flüchtete anschließend mit den beiden Kindern nach Österreich, stellte sich aber nach wenigen Tagen der Polizei in München.
Haftbefehl gegen den Sohn
Kurz nach der Tat, am 19. November, erließ das Amtsgericht Braunschweig Haftbefehl gegen den damals 20-jährigen Sohn des Opfers wegen Beihilfe zum Mord, da sich widersprüchliche Angaben zum Tathergang ergeben hatten. Der Haftbefehl wurde jedoch am 19. Dezember 2012 aufgehoben, da sich der anfängliche Verdacht nicht erhärtet hatte.
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