Goslar. Der ukrainische Künstler Boris Mikhailov wird in diesem Jahr mit dem Kaiserring der Stadt Goslar ausgezeichnet, einem der renommiertesten Preise für Gegenwartskunst. Die Verleihung des Rings findet am 10. Oktober in der Kaiserpfalz statt.
Die Laudatio wird Udo Kittelmann, Direktor der Nationalgalerei Berlin, halten. Der Kaiserring ist ein internationaler Kunstpreis, der seit 1975 jährlich durch die Stadt Goslar und dem „Verein zur Förderung moderner Kunst Goslar e. V.“ verliehen wird. Der Preisträger bekommt während der Verleihung einen goldenen Ring mit einem Aquamarin mit dem eingravierten Bild Kaiser Heinrichs IV überreicht. Der undotierte Preis gehört inzwischen weltweit zu einem der angesehensten Preise der Kunstszene und wird auch von Kennern als "Nobelpreis der bildenden Kunst" bezeichnet.
Künstler wie Joseph Heinrich Beuys und Henry Moore zählen zu den Ringträgern. Bildhauer und Objektkünstler Jean Tinguely lehnte übrigens im Jahr 1980 den Ring ab. In einem Brief an den damaligen Oberbürgermeister Helmut Sander bedankte er sich für die Ehre, die ihm zu Teil werden sollte, lehnte die Auszeichnung jedoch drei Tage vor der Verleihung ab, weil seine Kunst nicht zu einem Marketing-Produkt werden sollte, erklärte Inge Langner auf Nachfrage von regionalGoslar.de. Inge Langner hatte über 35 Jahre die Kaiserring-Verleihung begleitet. Vorangegangen sei eine Aussage des Mönchehaus-Schöpfer Peter Schenning, der den Preis in einer Versammlung der Jungunternehmer als gute Marketing-Idee für Goslar bezeichnete. Dies missfiel dem Künstler Tinguely und er lehnte den Preis ab. Viele Jahre später soll er aber diesen Entschluss bereut haben.
Künstler und Ausstellung
Begleitet zu der Verleihung des Kaiserrings wird im Mönchehaus-Museum eine Ausstellung einiger Werke des Künstler gezeigt, die bis zum 30. Januar 2016 besucht werden kann.
Die Ausstellung zeigt viele der wichtigen Werkserien des 1938 in Charkow (Ukraine) geborenen Künstlers, der auf autodidaktischem Weg zur Fotografie fand. 1966 erhielt der diplomierte Ingenieur Boris Mikhailov den Auftrag, einen Kurzfilm über die Fabrik zu drehen, in der er arbeitete. Als er die Kamera auch privat nutzte und Aktfotos seiner Frau machte, verlor er seine Anstellung. Daraufhin widmete er sich ausschließlich der Fotografie. Heute zählt er zu den bedeutendsten „Chronisten der sowjetischen und postsowjetischen Gesellschaft“. Die Ausstellung beginnt bereits im Eingangsbereich des Mönchehaus Museums mit einem großen Triptychon aus der Werkserie „Promzona“, einer Industriezone, für die Boris Mikhailov 2011 im Donezbecken fotografiert hat. In gewisser Weise erinnert das Thema der Bilder an die Anfänge des heute in Berlin und Charkow lebenden Künstlers und verbindet so biografisch seine Vergangenheit und Gegenwart.
Es folgen im Erdgeschoß zwei der bedeutendsten Werkserien von Boris Mikhailov. Zum einen die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Charkow entstandenen, dramatischen und düsteren Fotografien von „At Dusk“ (Dämmerung) aus dem Jahre 1993: Aufnahmen im Querformat, blau eingefärbt, sodass sie noch kälter wirken, als sie es ohnehin schon sind. Sie verknüpfen Erinnerungen des Künstlers an den Zweiten Weltkrieg mit der beängstigenden und alptraumhaften Untergangsstimmung, die er zu der Zeit bei vielen Menschen in Charkow wahrnimmt.
Dass die Bilder des Künstlers die Wirklichkeit nicht nur dokumentieren, sondern sie zugleich kommentieren und unseren Blick darauf in spezifischer Weise lenken, machen auch vorangegangene Werkserien Mikhailovs deutlich. Sie werden im zweiten Obergeschoss des Museums gezeigt.
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