Die Präsidenten von Bund und Nabu informieren sich über die aktuellen Waldbilder


Von links: Ulrich-Karl Engel, Heike Albrecht-Fechtler, Thomas Appel, Prof. Dr. Hubert Weiger, Olaf Tschimpke, Andreas Pusch, Dieter Leupold. Foto: Nationalparkverwaltung Harz
Von links: Ulrich-Karl Engel, Heike Albrecht-Fechtler, Thomas Appel, Prof. Dr. Hubert Weiger, Olaf Tschimpke, Andreas Pusch, Dieter Leupold. Foto: Nationalparkverwaltung Harz | Foto: Nationalparkverwaltung Harz

Braunlage/Wernigerode. Am Dienstag besuchten auf Einladung des Nationalparks Harz die beiden Präsidenten der größten deutschen Naturschutzverbände Bund und Nabu, Prof. Dr. Hubert Weiger und Olaf Tschimpke, den Nationalpark Harz. Grund des Besuches waren die Schlagzeilen, die die vielen absterbenden Fichten im Nationalpark zurzeit hervorrufen. Davon berichtet die Nationalparkverwaltung Harz.


Gleichzeitig ergriffen die Präsidenten die Gelegenheit, die von ihrem jeweiligen Verband betriebenen Nationalpark-Informationseinrichtungen in Torfhaus und Sankt Andreasberg zu besuchen.

Nationalparkleiter Andreas Pusch habe auf einer Exkursion rund um den Achtermann bei Braunlage die aktuelle Waldentwicklung erläutert, die durch das extrem trocken-heiße Jahr 2018 in dramatischer Weise beschleunigt worden sei: „Das Zulassen eigendynamischer Naturprozesse ist die wichtigste Naturschutzaufgabe eines Nationalparks. Insofern betrachten wir das Absterben von Bäumen, auch wenn es großflächig ist, nicht als Katastrophe, sondern als Teil der natürlichen Waldentwicklung. Das Werden und Vergehen schafft Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren, die es in unserer überwiegend intensiv genutzten Kulturlandschaft andernorts oft schwer haben. Gleichwohl stellt uns die dramatische Entwicklung des vergangenen Jahres vor erhebliche Herausforderungen, insbesondere was die Information der Öffentlichkeit und die Durchführung von Verkehrssicherungsmaßnahmen angeht.“

"Tote Bäume sind keine Katastrophe"


Weiger und Tschimpke sagen dazu: Wir haben vollstes Verständnis dafür, dass viele Nationalparkbesucher sich um den Fortbestand des Waldes sorgen." Weiger sagt weiter: "Aus ökologischer Sicht sind tote Bäume keine Katastrophe. Sie sind wichtiger Bestandteil natürlicher Ökosysteme wie auch der Borkenkäfer natürlicher Bewohner des Lebensraumes Fichtenwald ist. Nur auf 0,6 Prozent der Landfläche Deutschlands kann sich die Natur wie hier im Nationalpark Harz nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickeln. Aus Naturschutzsicht ist die hier entstehende Wildnis deshalb sehr zu begrüßen. Trotzdem muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Häufung von Extremwetterlagen wie im vergangenen Jahr sowie die Zunahme der Jahresdurchschnittstemperatur Ausdruck eines nicht mehr abzustreitenden Klimawandels ist, dem unsere Gesellschaft und jeder Einzelne endlich mit Nachdruck entgegenwirken muss.“

Dem kann sein Kollege vom Nabu, Olaf Tschimpke, nur zustimmen: „Wir freuen uns über die entstehende Wildnis im Nationalpark und können den Nationalpark nur darin bestärken, diesen Weg weiter zu gehen. Mit großem Interesse haben wir die Forschungsergebnisse der Nationalparkverwaltung zur Kenntnis genommen, die belegen, dass die Artenvielfalt von dieser ungelenkten Naturentwicklung enorm profitiert. Den Kritikern dieser Waldbilder möchte ich entgegnen, dass nicht das Prinzip „Natur Natur sein lassen“ unser Umweltproblem ist, sondern unser verschwenderischer und oft rücksichtsloser Umgang mit der Umwelt und den natürlichen Ressourcen.

"Natur Natur sein lassen ist nicht unser Umweltproblem"


Beide Präsidenten haben darauf hingewiesen, dass Bund und Nabu sich aktiv und mit hoch engagierten Mitarbeitern im jeweiligen von ihnen betriebenen Nationalparkhaus an der Information und Aufklärung der Besucher beteiligen. Dazu gehöre auch, zu zeigen, wie sich der Wald im Wandel zur Wildnis weiter entwickelt. Beispiele dafür gebe es nicht nur im Nationalpark Harz in Bereichen, in denen der Borkenkäfer bereits in den 1990er Jahren Fichtenbestände zum Absterben brachte. Prof. Weiger erzählt: „Vor Jahrzehnten hatten wir die ersten Waldbilder dieser Art im Nationalpark Bayerischer Wald. Die damalige Diskussion war kontrovers und die erste ihrer Art in ganz Deutschland. Wir haben sie seitens des Bund stets aktiv begleitet und konnten viel zur Versachlichung beitragen. Denn der Wald starb auch damals im Bayerischen Wald nicht. Er hat sich lediglich erneuert. Heute sind die neu entstandenen Waldbilder so attraktiv, dass sie eine wichtige Grundlage des dortigen florierenden Nationalparktourismus darstellen.“

Neu entstandene Waldbilder sind attraktiv


Olaf Tschimpke ergänzt: „Die unbeeinflusste Natur wird auch unter geänderten Klimabedingungen ihren Weg finden. Es dürfte deshalb auch für die künftige Bewirtschaftung der genutzten Wälder von großem Interesse sein, Vergleichsflächen zu haben, auf denen die Natur uns zeigt, wie sie auf Veränderungen der Umweltbedingungen reagiert.“ Mit Blick auf die an den Nationalpark angrenzenden Wirtschaftswälder, die von der Trockenheit und dem Borkenkäfer ebenso betroffen seien wie der Nationalpark weise Schutzgebietsleiter Pusch auf die schwierige Lage der dort tätigen Forstleute hin: "Holz ist einer der wichtigsten und naturverträglichsten Rohstoffe unseres Landes. Aufgabe unserer Kollegen ist die nachhaltige Bewirtschaftung dieser Wälder zur Sicherung des Rohstoffes Holz auch für künftige Generationen. Die dramatischen Entwicklungen der vergangenen Monate bedeuten für die Förster viele Sorgen und eine enorme Arbeitsbelastung. Die Nationalparkverwaltung führt deshalb mit Hochdruck im sogenannten Borkenkäfer-Sicherungsstreifen entlang der Nationalparkgrenze Bekämpfungsmaßnahmen durch, um eine Ausbreitung der Käfer in die Wirtschaftswälder zu verhindern."

Die Entwicklungen sowohl innerhalb wie auch außerhalb des Nationalparks machen es überaus deutlich, wie wichtig sofortige Maßnahmen zum Klimaschutz sind.

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Wald im Wandel zur Wildnis. Foto: Sebastian Berbalk/Nationalpark Harz


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