Goslar. Mit Yuri Albert und Vadim Zakharov erhalten erstmals zwei Künstler den Goslarer Kaiserring des Jahres 2023. Das gab Goslars Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner heute beim traditionellen Neujahrsempfang in der Goslarer Kaiserpfalz bekannt. Beide Künstler sind 1959 geboren – Zakharov in Duschanbe und Albert in Moskau – und leben seit Beginn der 1990er Jahre in Deutschland mit regelmäßigen längeren Aufenthalten in Moskau. Sie sind die wichtigsten Vertreter der zweiten Generation des Moskauer Konzeptualismus, begannen Ende der 1970er ihre künstlerische Tätigkeit und spielten während der Perestroika eine aktive Rolle. Seit einigen Jahren treten sie mit Ausstellungen im internationalen Kontext hervor. Albert und Zakharov werden den Kaiserring der Stadt Goslar, einen der renommiertesten Kunstpreise der Gegenwart, persönlich in der Goslarer Kaiserpfalz entgegennehmen. Der Festakt ist für den 7. Oktober vorgesehen. Dies geht aus einer Pressemitteilung der Stadt hervor.
Ehrung in schweren Zeiten
„Ich bedanke mich ganz herzlich bei der Jury und der Stadt Goslar für die Entscheidung, mir eine so bedeutende Auszeichnung wie den Goslarer Kaiserring zu verleihen“, schreibt Vadim Zakharov einleitend in seinen Dankesworten. „Dieses Ereignis bedeutet mir sehr viel, gerade in einer so schweren Zeit, in der Russland einen Krieg gegen die Ukraine führt. In diesen Tagen ist es sehr schwer, Motivation für jegliche kreative Tätigkeit zu finden und solche Geschenke des Schicksals wie dieser Preis, helfen Hoffnung zu schöpfen - Hoffnung, um vom toten Punkt und der Frage wegzukommen: Kann man nach dem Massaker von Butscha überhaupt noch etwas machen?“
Yuri Albert schickt folgendes Statement: „Einige Künstler wollen mit ihrer Kunst als Repräsentanten ihres Volkes gesehen werden, andere - ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung, andere - ihrer Religion. Einige wollen mit ihrer Kunst der Arbeiterklasse oder der gesamten unterdrückten Menschheit eine Stimme verleihen, andere sogar den Vertretern der Umwelt - den Blumen, den Walen und den Bakterien. Ich dagegen will in der Kunst den Zuschauer repräsentieren. Fast alle wollen kritische Kunst machen. Einige - apologetische Kunst. Ich dagegen bemühe mich darum, skeptische Kunst zu machen.“
Wegweisende neue Impulse
In ihrer Begründung schreibt die Kaiserring-Jury über die Preisträger: „Die Künstler Yuri Albert und Vadim Zakharov haben basierend auf ihren Erfahrungen in der vom staatlichen Kunstbetrieb der Sowjetunion ausgeschlossenen künstlerischen Untergrundszene Moskaus der internationalen Konzeptkunst wegweisende neue Impulse gesetzt. In ihrer künstlerischen Praxis übernahmen sie selbst die Aufgaben der Präsentation, der Kommentierung ihrer Kunst und der kunsttheoretischen Reflektion. In kurzzeitigen Ausstellungen in der Natur oder in Wohnungen zeigten sie Foto- und Textarbeiten, führten Performances und Aktionen durch, erzählten sich ihre künstlerischen Ideen und kritisierten sich gegenseitig. Diese Ununterscheidbarkeit von Künstler und Kommentator, von Werk und Interpretation, die in einer Person zusammenkommen, machte für sie den aktiven Betrachter zu einer notwenigen Bedingung, ohne den das Werk und die Kunst nicht existieren können.
Denken zwischen Ost und West
Yuri Albert und Vadim Zakharov entwickelten in der Folge sehr eigenständige Oeuvres mit unterschiedlichen Akzenten. Während sich Albert in Installationen, Performances, Gemälden, Foto- und Textarbeiten sowie Aktivitäten in den sozialen Medien konsequent den Fragen nach der Kunst und ihren Bedingungen widmet, betätigt sich Zakharov als Archivar und Verleger, tritt mit Foto-, Film- und Videoarbeiten an die Öffentlichkeit und realisiert große interaktive Installationen, die ein starkes Interesse an den Mechanismen und Politiken der Gesellschaft auszeichnet. Gemeinsam ist beiden dabei die stetige starke Ansprache der Betrachterinnen und Betrachter als Suche und Wunsch nach Dialog. Damit leisten sie einen unverzichtbaren und innovativen Beitrag zur weiteren Entwicklung der Konzeptkunst und den Möglichkeiten künstlerischen Denkens zwischen Ost und West.“
Über den Kaiserring Goslar
Der Goslarer Kaiserring ist einer der weltweit renommiertesten Preise für moderne Kunst. Er wird seit 1975 verliehen. Die ersten Preisträger waren Henry Moore, Max Ernst und Alexander Calder. Ihnen folgten Pioniere der Gegenwartskunst wie Joseph Beuys, Gerhard Richter, Nam June Paik, Christo, Cindy Sherman oder Jenny Holzer. Weitere namenhafte Preisträgerinnen und Preisträger waren Andreas Gursky, Bridget Riley, David Lynch, Olafur Eliasson und Barbara Kruger. Vor Vadim Zakharov und Yuri Albert erhielten für die letzten drei Jahre Hans Haake, Adrian Piper und Sir Isaac Julien den Preis.
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