Wernigerode/Sankt Andreasberg. Mit großer Unterstützung durch die örtliche Bevölkerung und die Polizei konnte Ole Anders, Luchsbeauftragter des Nationalparks Harz, Anfang November des vergangenen Jahres bei Wolfshagen im Harz einen jungen Luchs einfangen. Das damals knapp halbjährige Tier hatte offenbar keinen Kontakt mehr zu seiner Mutter und war zuvor mehrmals mitten im nahen Ort Lautenthal beobachtet worden. Mit einem Narkosegewehr gelang es, das nur fünf Kilogramm schwere Weibchen zu betäuben. Allein wäre es ohne jede Chance gewesen, den bevorstehenden Winter zu überleben. Dies berichtet der Nationalpark Harz.
Für kurze Zeit kam das Jungtier in einen nicht-öffentlichen Bereich des Nationalpark-Luchsschaugeheges bei Bad Harzburg. Dort konnte es jedoch nicht bleiben, da intensive Baumfällarbeiten innerhalb und außerhalb des Geheges kurz bevorstanden. Kurzerhand erklärte sich Dr. Florian Brandes, Leiter der Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen bei Hannover, bereit, den kleinen Luchs unterzubringen.
„Dies gestaltete sich jedoch dramatischer als zunächst angenommen“, berichtet Brandes. Denn kaum war der Luchs eingezogen, deutete ein routinemäßiger Bluttest darauf hin, dass das Jungtier unter einer schweren Infektionskrankheit leiden könnte, die sein Schicksal wohl besiegelt und die Rückkehr in die Freiheit zum Schutz der wildlebenden Luchspopulation unmöglich gemacht hätte.
Anders und Brandes wollten das Ergebnis jedoch nicht einfach so akzeptieren. Sie nahmen Kontakt zu Experten auf und ließen nach Absprache weitere Tests durchführen, bis am Ende klar war: Der junge Luchs ist abgesehen von einem schlechten Ernährungszustand gesund. Aufgrund der guten Pflege in Sachsenhagen hat sich auch dieser inzwischen deutlich gebessert und mittlerweile ist die kleine Luchsin wieder in den Harz zurückgekehrt.
„Die Luchsin hat nun eine gute Chance, in einigen Wochen wieder in die Harzer Wälder entlassen zu werden“, sagt Ole Anders. Das allerdings könnte der schwerste Teil der langen Reise dieses Tieres werden, denn dann erst wird sich entscheiden, ob es in der Lage ist, sich selbst mit Nahrung zu versorgen und sich in der Freiheit zu behaupten. Es ist vorgesehen, die Luchsin vor dem Start in ihr neues Leben mit einem Halsbandsender auszustatten, um ihre Wege und ihre weitere Entwicklung zu verfolgen.
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