Goslar. Unsere Resaktion erreichte eine Stellungnahme des agrarpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion Dr. Wilhelm Priesmeier zur deutschen Agrarpolitik, die an dieser Stelle unkommentiert und ungekürzt veröffentlicht wird.
Die Landwirtschaft kommt auf die Couch – oder die Farbenlehre der deutschen Agrarpolitik
Die Farbenlehre der deutschen Landwirtschaft war jahrzehntelang recht einfach: Sie war schwarz. Manchmal tiefschwarz. Nur wenn es hin und wieder – lange ist es her – eine absolute Mehrheit gab, musste sich auch die Sozialdemokratie mit der Landwirtschaft auseinander setzen. Meistens widerwillig. Es sei denn, man lebt im Nordosten der Republik, dann kann es auch sein, dass man zum dienstältesten Minister Deutschlands wird. Wohlgemerkt ist dies eher die Ausnahme als die Regel. Aber eins verband die meisten dieser Damen und Herren: Sie waren vom Fach.
Doch seit einigen Jahren ist alles anders und die Landwirtschaftspolitik sehnte sich nach einem Farbwechsel. Wie heißt es in einem Kinderlied so schön: Grün, grün sind alle meine Kleider, grün, grün, grün ist alles, was ich hab! Wenn man heutzutage Landwirtschaftsministerin oder –Minister werden will, sollte man vor allem eins mitbringen: ein grünfarbenes Parteibuch. Und viel Sachverstand abseits der Landwirtschaft! Mit viel Widerstand der anderen Parteien mussten sie ja auch nicht rechnen, denn das Silbertablett wurde stets schon vorab fix poliert.
Denn wenn man sich auf eine Reise durch die deutsche Landwirtschaftspolitik begibt, kann man vielerlei Erfahrungen für alle Lebenslagen sammeln. Beginnen wir in dem neusten Reiseziel Magdeburg: Nachdem ein studierter Landwirt nun Platz machen musste, kann man hier jede Menge psychologischen Expertise beim Thema Ungerechtigkeit erfahren. Vielleicht ist da noch eine Couch im Ministerbüro für die geplagten Landwirte frei? Wenn einem das nicht reicht, sollte man als Therapiemöglichkeit eine Reise ins benachbarte Hannover in Betracht ziehen. Diplomsozialwirte könnten dort gerade im Umgang mit Mitarbeitern ein gewisses Feingefühl vermitteln. Vielleicht wird einem dort zur Sinnsuche das Schreiben eines Buches empfohlen. Hierfür bietet sich eine Weiterreise nach Kiel an. Dort findet man unterm Gully das Meer, hört den Schrei der Hyänen und liest andere Bestseller. So mancher Kieler will ab September übrigens die Bio-Cafés in Berlin aufmischen! Apropos Meer. In Bremen werden einem die Zusammenhänge der Meeresgeochemie näher gebracht. Auch nicht schlecht, mal etwas über schwerflüchtige Chlorwasserstoffe zu erfahren. Wenn einem das zu hoch ist, sollte man sich lieber in Düsseldorf umhören. Dort gibt es nicht nur die Kö sondern auch Lehrer, die was von ihrem Fach verstehen. Von Geschichte, Religion und Sport könnte auch der ein oder andere Landwirt profitieren. Wenn das jetzt zu hart war, sollte man Trost in Wiesbaden suchen. Da gibt es sozialpädagogische Führsorge. Entschuldigung: Fürsorge. Und wenn man nicht weiter weiß, dann frage man in Stuttgart nach. Hier fängt man vieles an, beendet es wieder, bis man endlich oberster Weinchef geworden ist. Und die berühmte baden-württembergische Kiwi wurde schon zu Hause ausprobiert. Übrigens ist die Kiwi innen bekanntlich mehr grün als schwarz. Über die Farbe der Pelle wurde zum Glück nie berichtet…
Alles Grün, nur nicht Landwirtschaft – könnte man meinen. Gut, wir haben noch den Waldbrenner beziehungsweise schwarzen Münchener Minister des Berliner Ministers. Und in Mainz gibt es widererwarten noch einen landwirtschaftlichen Hintergrund im grünen Ministerium. Eine Frau vom Fach! Mit Diplom! Doch leider darf sie fortan nur noch halb sein. Nur noch Bio. Ob da ihr neuer liberaler Gegenspieler (ein Jurist!) überall mitmachen wird? Nicht, dass jetzt alles gelb wird….
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