Goslar. Ein halbes Jahr nach der Änderung der Buslinien in der Innenstadt, liegen die Nerven der Anwohner noch immer blank - oder blanker als zuvor. An den ständigen Pendelverkehr der Buslinien können sie sich einfach nicht gewöhnen.
Jürgen Franz vor seiner Haustür. Alle acht Minuten fährt dort ein Bus lang. Foto: Anke Donner
Nur einige wenige Anwohner der betroffenen Straßenzüge machen ihrem Ärger öffentlich Luft, allen voran Jürgen Franz. Er schrieb endlose Emails und Beschwerden an die Stadtverwaltung. „Es ist vollkommen unüblich, dass Busse mitten durch die Fußgängerzone fahren. Und es ist für mich ein nicht annehmbarer Zustand. Inzwischen fahren hier durch die Petersilienstraße 120 Busse am Tag Der erste Bus fährt früh am Morgen um 5.30 Uhr, der letzte Bus kommt um 21 Uhr. Das ist besonders in einer Altstadt unzumutbar, weil eine extreme Geräuschkulisse entsteht. Außerdem sind die Straßen hier viel zu eng für solch einen regen Busverkehr. Man bedenke nur, was das für die Fußgänger und vor allem Schulkinder bedeutet. Die müssen ja Angst haben, dass die unter einen Bus geraten. Ich verstehe nicht, warum der Dreh- und Angelpunkt für den Busverkehr hier an den Jakobikirchhof gelegt wurde. Und wenn man die Busse mal beobachtet, die hier alle acht Minuten lang fahren, fällt auf, dass sie nur wenig besetzt sind. Es sitzen höchsten drei vier Leute drin. Dafür müssen doch hier nicht so viele Busse fahren. Und wenn, dann würden doch kleinere Busse reichen, die nicht so oft die Fußgängerzone kreuzen. Aber all meine Beschwerden und Kritiken an die Stadt und den Rat werden inzwischen nicht mehr beantwortet“, klagt er.
Entwicklung abwarten
Warum inzwischen aus dem Rathaus keine Reaktion mehr auf die Beschwerden von Jürgen Franz kommt, erklärt Stadt-Sprecher Christian Burgart: „Wir nehmen die Beschwerden der Anwohner und vor allem die von Herrn Franz schon ernst. Es gab auch Gespräche mit den Bürgern. Aber im Moment möchten wir die Fahrpläne so laufen lassen wie sie sind. Dazu muss man sagen, dass die Pläne im April schon einmal modifiziert und einige Busse gestrichen wurden. Nun wollen wir bis zum Ende des Jahres ein Monitoring durchgeführt haben, um zu sehen, wie sich die Fahrplanänderung entwickelt. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass sich an den Strecken und Zeiten noch etwas ändert. Aber selbst wenn sich etwas ändern sollte, geschieht das nicht von heute auf morgen. Auch das braucht seine Zeit. Genauso, wie es an Vorbereitungszeit gebraucht hat, die Linienführung zu ändern. Bereits 2013 hat man ja mir der Planung begonnen. Es wurde in den politischen Gremien besprochen und entschieden. Auch die Bürger haben zahlreiche Gelegenheiten gehabt, an der Änderung teilzuhaben. Es gab Meinungsbögen in den Bussen. Wir sind sogar einen Teil der Linie abgefahren und haben im Bus informiert. Mitarbeiter der Stadtverwaltung haben Werbemaßnahmen durchgeführt. Außerdem gab es für die Bürger die Möglichkeit an den Sitzungen teilzunehmen und in der Bürgersprechstunde des Bürgermeisters das Gespräch zu suchen. Wir haben mehrere Informationsveranstaltungen angeboten und die Bürger dazu eingeladen. Diese Veranstaltungen wurden jedoch nur mäßig angenommen. Ich würde also sagen, wir haben den Bürgern im Vorfeld reichlich Gelegenheiten geboten, sich zu informieren und zu äußern“, so Burgart.
Informationen kamen zu spät
Katharina und Enrico Wolter mit Töchterchen Hannah. Foto: anke Donner)
Für Jürgen Franz war der Bus da bereits abgefahren. Von etwaigen Informationsveranstaltungen, die von der Stadt durchgeführt wurden, hielt er schon damals nicht viel. „Im Juli war alles entschieden. Und die Meinungen der Bürger haben nicht interessiert“, so Franz und erklärt, dass es sogar eine Unterschriftenaktion der Initiative ,,Erhaltet die Haltestellen“ gab. Im Juli 2014 seien 1.200 Unterschriften gegen das neue Buskonzept gesammelt und dem Oberbürgermeister übergeben wurden. Hier sprach sich die Initiative ausdrücklich für den Erhalt der Haltestellen an der Breiten Straße aus und wies zudem auf ihre Befürchtung hin, dass es zu einer Überlastung des Knotenpunktes Jakobikirchof kommen könnte und die wird die Situation für Obere Schildwache/Schilderstraße untragbar sein wird. Auch diese habe nicht den erhofften Effekt gehabt.
Enrico und Katharina Wolter bewohnen ein Haus in der Petersilienstraße und vermieten dort auch Ferienwohnungen. Sie und ihre Gäste leiden unter dem stetigen Busverkehr direkt vor ihrem Haus. „Wir haben im Vorfeld nicht wirklich etwas von den Änderungsplänen mitbekommen, das müssen wir schon zugeben. Wir haben auch nichts davon gehört, dass die Stadt Infoveranstaltungen durchgeführt hat. Erst als die vielen Busse hier durch gefahren sind, haben wir es realisiert. Und es ist schon echt sehr extrem geworden. Es ist sehr laut hier, sogar das Babyphone schlägt an, wenn ein Bus durchfährt. Und wenn sich zwei Busse auf der Straße entgegengekommen, dann wird es sehr eng. Da muss man als Fußgänger schon sehr aufpassen. Was uns außerdem auffällt, ist dass wir im Internet nun schlechte Bewertungen für unsere Ferienwohnungen bekommen. Die sind ganz sicher auf die Lautstärke und die vielen Busse zurückzuführen. Vorher haben wir nie schlechte Bewertungen bekommen. Klar, hätten wir uns vorher besser informieren können und die Sitzungen besuchen können. Das haben wir nicht wahrgenommen. Hinter ist man immer schlauer“, sagen die frisch gebackenen Eltern und hoffen, dass sich alles noch etwas normalisiert. „Am liebsten wäre uns natürlich, wenn hier gar keine Busse mehr fahren würden.“
Horst Neumann wohnt in der Schilderstraße. Dort ist es in der Kurve seiner Meinung nach besonders eng. Foto:
Horst Neumann wohnt an einem der Nadelöhre in der Schilderstraße. Dort schlängeln sich die Busse durch die enge Straße und müssen sich durch die Kurve kämpfen. „Das ist dann besonders laut. Wenn die Busse an die Kurve ranfahren und danach dann wieder Gas geben. Das dröhnt hier dann ganz schön. Ich habe im Vorfeld nicht so viel von den Änderungsplänen mitbekommen, weil ich erkrankt war. Später habe ich dann einige Leute auf die Situation angesprochen und mich informiert. Aber auch da habe ich nicht rechtzeitig reagiert. Das hätte man vielleicht tun müssen. Ich würde sagen, das habe ich schlichtweg verschlafen. Ich hätte aber ehrlich gesagt auch nicht damit gerechnet, dass es so schlimm wird. Ich glaube, den meisten Anwohnern war nicht klar, welche Ausmaße die Fahrplanänderung annimmt. Wenn wir das geahnt hätten, dann hätten wir sicher auch früher reagiert“, so Horst Neumann.
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