Griff zur Waffe: Wann darf die Polizei auf Menschen schießen?

Wie oft greifen Polizisten wirklich zur Waffe – und wann dürfen sie das überhaupt?

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Symbolfoto | Foto: KI-generiert mit Google Gemini

Region. Polizisten sind im Dienst grundsätzlich bewaffnet – und in bestimmten Situationen kann der Griff zur Dienstwaffe notwendig werden. Doch es gibt klare Regeln für den Gebrauch von Schusswaffen – und aktuelle Zahlen aus dem niedersächsischen Landtag geben Einblick, wie häufig sie tatsächlich eingesetzt werden.



Schüsse auf Menschen durch Polizeibeamte sind selten. Wie aus der Antwort des Niedersächsischen Innenministeriums auf eine Anfrage des CDU-Landtagsabgeordneten André Bock hervorgeht, wurden in Niedersachsen 2024 drei Menschen durch Polizeischüsse verletzt und zwei getötet. In diesem Jahr (Stand: 22. Oktober 2025) gab es ebenfalls drei Verletzte und einen Todesfall. Das Ministerium betont, dass die niedersächsischen Polizeikräfte verantwortungsvoll mit der Waffe umgehen – ein Anstieg der Fälle sei nicht zu erkennen.

Fälle aus der Region


Wo genau es zu dem Schusswaffengebrauch gekommen ist, teilt das Ministerium nicht mit. In den vergangenen Jahren berichtete regionalHeute.de jedoch hin und wieder über Polizeieinsätze, bei denen die Beamten zur Waffe greifen mussten. Wir zeigen einige Fälle und gehen der Frage nach: "Wann darf die Polizei auf Menschen schießen?"

Mann durch Polizeikugel getötet


Vielen dürfte der Fall aus dem Jahr 2018 noch im Gedächtnis bleiben. Im Oktober 2018 wurde in Braunschweig ein 39-jähriger Mann von einer Polizeikugel tödlich getroffen. Laut Ermittlungen war der Mann mit einer Schusswaffe aus einem Haus gekommen und trotz mehrfacher Aufforderung, diese niederzulegen, weiter auf die Beamten zugegangen. Die Polizisten schossen. Der Mann starb noch vor Ort.

Polizei hält Armbrust-Attentäter in Schach


In Peine mussten Polizisten im Juni 2023 zu ihrer Waffe greifen. Ein Mann schoss am Peiner Bahnhof mit einer Armbrust auf einen 22-Jährigen. Der Täter war zudem mit einem großen Messer bewaffnet. Die Polizisten die zum Einsatzort alarmiert wurden, hielten den Mann mit vorgehaltener Waffe vor der Festnahme in Schach.

Schüsse auf Transporter


Im Juni kam es in Seesen zu einem weiteren Fall, bei dem die Beamten von ihrer Schusswaffe Gebrauch machten. Hier wurde jedoch niemand verletzt. Die Polizisten gaben in diesem Fall zur Abwehr einer konkreten Gefahr Schüsse auf ein Fahrzeug ab.

Aber wann darf oder soll ein Polizist von der Schusswaffe Gebrauch machen und einen möglicherweise tödlichen Schuss abfeuern? regionalHeute.de hat beim Innenministerium nachgefragt, wann und wie die Waffe zum Einsatz kommen darf.Zum Schutz des eigenen Lebens

Einsatz nur als letztes Mittel


Der Gebrauch der Schusswaffe gilt als das intensivste Einsatzmittel der Polizei im Rahmen der Anwendung von unmittelbarem Zwang. Daher hat der Gesetzgeber ihren Einsatz gegen Personen nur unter engen rechtlichen Voraussetzungen für zulässig erklärt. Schusswaffen dürfen nur eingesetzt werden, wenn keine anderen Maßnahmen Erfolg versprechen. Gegen Personen darf die Waffe zudem nur dann verwendet werden, wenn der Zweck nicht durch „Schusswaffengebrauch gegen Sachen“ – etwa einen Warnschuss – erreicht werden kann.

Weiterhin dürfen Schusswaffen eingesetzt werden, um Personen angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Ein Schuss, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist laut Innenministerium nur dann zulässig, wenn er das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr ist.

Einsatz der Waffe muss angekündigt werden


Die Anwendung der Waffe muss vorher durch die Beamten angedroht werden. Dies soll in der Regel mündlich geschehen, als Androhung des Schusswaffengebrauchs gilt jedoch auch die Abgabe eines Warnschusses.

Wann ein Polizeibeamter die Waffe gegen Menschen einsetzen darf, ist in § 77 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung geregelt. Darin heißt es, dass Schusswaffen gegen Personen unter anderem nur gebraucht werden dürfen, um eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben abzuwehren, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung eines Verbrechens oder eines Vergehens unter Anwendung oder Mitführung von Schusswaffen oder Explosivmitteln zu verhindern, eine Person anzuhalten, die sich der Festnahme oder Identitätsfeststellung zu entziehen versucht, wenn sie eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Schusswaffen oder Explosivmittel mit sich führt.

Gegen Personen, die dem äußeren Eindruck nach noch nicht 14 Jahre alt sind oder wenn Unbeteiligte gefährdet werden, darf von der Waffe nicht Gebrauch gemacht werden. Aber auch hier gilt: Ist das Leben des Beamten in Gefahr, darf die Waffe doch eingesetzt werden.

Was geschieht mit Polizisten die schießen?


Beamte, die Schüsse abfeuern und somit möglicherweise einen Menschen töten, seien Bestandteil weiterer Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft. Diese müsse ermitteln, ob sich die Beamten als solche zu erkennen gegeben haben und ob sie den (tödlichen) Schuss angekündigt haben.

Sofern sich möglicherweise Hinweise auf einen Verstoß eines Polizeibeamten gegen Dienstpflichten ergeben, könnten disziplinarrechtliche Schritte zu prüfen sein, welche die in § 6 Niedersächsisches Disziplinargesetz aufgeführten Maßnahmen nach sich ziehen können, erklärte das Innenministerium auf Nachfrage unserer Online-Zeitung. Demnach könnte der Vorfall schlimmstenfalls die Entlassung aus dem Polizeidienst bedeuten.

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