Berlin. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) haben konkrete Vorschläge für mehr Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt vorgelegt. In einem sechsseitigen Papier unter dem Titel "Warum Wirtschaftspolitik nur feministisch gelingen kann" wollen die Grünen-Politikerinnen einen Anstoß dazu geben, das "gegenwärtige Wirtschaftssystem aus einer kritischen feministischen Perspektive" zu analysieren, berichtet die "Rheinische Post" in ihrer Samstagausgabe.
"Das Ziel muss sein, einen Wandel in der Wirtschaftspolitik zu erreichen", schreiben Dröge und Paus. Das Papier benennt parlamentarische Ziele, etwa die Weiterentwicklung des Entgelttransparenzgesetzes, die Erhöhung des Frauenanteils in Führungsebenen oder eine Reform des Ehegattensplittings. Fraktionschefin Dröge sprach sich für eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen aus. "Viele Unternehmen suchen aktuell händeringend nach Fachkräften. Und es gibt genug Frauen im Land, die gerne mehr arbeiten würden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen", so Dröge. Die Arbeitswelt müsse sich flexibler auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ausrichten. "Selbst Führungspositionen im Unternehmen lassen sich teilen und gute Führung ist auch in Teilzeit möglich. Wir halten es für notwendig, eine gesetzliche Grundlage dafür schaffen, die Wahlfreiheit der Beschäftigten im Rahmen einer flexiblen Vollzeit zu stärken", sagte Dröge.
Familienministerin Paus ergänzte, Beruf und Familie miteinander vereinbaren zu können, sei Voraussetzung für die Gleichstellung der Geschlechter in der Arbeitswelt. "Menschen können nur ein erfolgreiches Berufsleben haben und in Führungspositionen aufsteigen, wenn auch das Familien- und Privatleben seinen Platz hat. Eine verlässliche Infrastruktur auch für die Kindertagesbetreuung, Unterstützung bei der partnerschaftlichen Aufgabenteilung, Equal Pay und Quoten für Führungspositionen sind entscheidend für eine feministische Wirtschaftspolitik", so Paus weiter. In ihrem gemeinsamen Papier setzen Dröge und Paus auf mehr Transparenz, um die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern auszugleichen.
Die Ampel-Koalition habe sich darauf geeinigt, das Entgelttransparenzgesetz weiterzuentwickeln und dessen Durchsetzung zu stärken. "Die EU-Lohntransparenzrichtlinie wird die Situation möglichst vieler Frauen erfassen und zugleich bürokratiearm und mittelstandskonform sein. Wir setzen uns dafür ein, dass sie deutlich über die Berichtspflichten des Entgelttransparenzgesetzes hinausgeht", schreiben die Grünen-Politikerinnen. Für Unternehmen, welche die Vorgaben erfüllen, Erleichterungen bei den Nachweispflichten geben.
"Sie sollen seltener berichten müssen als Unternehmen mit großen Lohngefälle", heißt es dazu in dem Papier. Die beiden Grünen-Politikerinnen sprechen sich außerdem für ein flexibles Vollzeit-Modell aus. "Jede soll so arbeiten können, wie es in das Leben passt. Wir setzen uns deshalb für eine neue Arbeitswelt ein, in der flexible Vollzeit als Arbeitszeitmodell möglich ist", heißt es in dem Papier.
"Wir schlagen vor, einen Vollzeit-Arbeitszeitkorridor im Bereich von 30 bis 40 Stunden zu schaffen. Innerhalb dieses Korridors sollen Beschäftigte - unter Einhaltung von Ankündigungsfristen - bedarfsgerecht ihren Arbeitszeitumfang bestimmen können", schreiben Dröge und Paus. Das werde den sich ändernden Lebens- und Familienumständen von Frauen und Männern gerecht. Um den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, fordern sie Quoten "in vielen Bereichen".
Im Papier heißt es dazu: "Feste gesetzliche Quoten zeigen Wirkung und sorgen dafür, dass mehr Frauen in Führungspositionen kommen." Nach Jahren des Stillstandes habe sich die Ampel-Koalition darauf verständigt, europäisch zu regeln, dass die Anzahl von Frauen in Aufsichtsräten gestärkt wird. "Nach der EU-Führungspositionen-Richtlinie müssen künftig 40 Prozent der Mitglieder in Aufsichtsräten oder 33 Prozent in Aufsichtsräten und Vorständen weiblich sein." Hierzu loben Dröge und Paus das Ende der deutschen Blockade für die Maßnahme. Sie plädieren auch für ein "geschlechtergerechtes Steuersystem". Für einen echten Wandel in der Steuerpolitik müsse das Ehegattensplitting reformiert werden. Mit dem Ehegattensplitting würden Ehen gegenüber Alleinerziehenden oder unverheirateten Paaren privilegiert, was oftmals die Erwerbstätigkeit von Frauen hemme und dazu führe, dass sie schlechter abgesichert sind. "Wir brauchen eine Überarbeitung des Steuersystems, für eine geschlechtergerechte Ausgestaltung", heißt es weiter in dem Papier.
Die von der Ampel angestrebte Abschaffung der Steuerklasse V sei ein guter Schritt, werde aber in Zukunft nicht ausreichen. Damit das Steuersystem nicht weiter im letzten Jahrhundert feststecke, wollen sie für neu geschlossene Ehen "das Ehegattensplitting reformieren und dafür sorgen, dass gleichberechtigte Lebensentwürfe nicht länger benachteiligt werden", so Dröge und Paus weiter.
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