Für die meisten Menschen in Deutschland wird die gesetzliche Rente allein nicht ausreichen, um den gewohnten Lebensstandard im Alter zu halten. Eine Kombination aus verschiedenen Vorsorgemöglichkeiten ist daher entscheidend. regionalHeute.de hat dazu sowohl Experten des Sparkassenverbandes Niedersachsen als auch die Verbraucherzentrale Niedersachsen um eine realistische Einschätzung gebeten.
Die Säulen der Altersvorsorge: Gesetzlich, betrieblich, privat
Ihre Alterseinkünfte in Deutschland speisen sich aus mehreren Quellen: Über die Hälfte stammt aus Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Dazu kommen Anteile aus der betrieblichen und privaten Alterssicherung. Auch das Erwerbseinkommen bei Menschen über 65 Jahre habe in den letzten Jahren deutlich zugenommen, wie Michael Schier, Pressesprecher des Sparkassenverbandes Niedersachsen, erläuterte. Die gesetzliche Rente bleibe für die meisten zwar die Haupteinnahmequelle im Alter, doch sie allein werde für die individuelle Lebensstandardsicherung oft nicht mehr ausreichen.
Deshalb gewinnen betriebliche Altersvorsorge (bAV) und private Vorsorge zunehmend an Bedeutung. Bei tarifgebundenen Arbeitgebern können sich bei der bAV teils hohe Zuschüsse und damit gute Förderquoten ergeben, was eine attraktive Option darstellt.
Klassische und moderne Anlageformen im Check
Für die private Altersvorsorge eignen sich grundsätzlich verschiedene Anlageformen – jede mit eigenen Vor- und Nachteilen, wie Michael Schier vom Sparkassenverband Niedersachsen betonte:
Riester-Rente: Sie bietet hohe staatliche Förderung, besonders für Familien mit Kindern. Das angesparte Kapital kann unter bestimmten Umständen sogar für Immobilienzwecke (Eigenheim) verwendet werden. Nachteile sind allerdings die Rückzahlung von Vorteilen bei vorzeitiger Entnahme, eine eingeschränkte Vererbbarkeit, Verwaltungskosten und die Besteuerung in der Auszahlphase.
-> Einschätzung der Verbraucherzentrale Niedersachsen:
Die Verbraucherzentrale sieht Riester oft als ungeeignet für die Altersvorsorge an, da die Förderung zu unflexibel und wenig rentabel sei.
Basis- oder Rürup-Rente: Diese Vorsorgeform ist vor allem für Besserverdienende interessant, da sie hohe steuerliche Absetzbarkeit der Beiträge in der Ansparphase ermöglicht (in 2025 bis zu 29.344 Euro für Alleinstehende bzw. 58.688 Euro für Verheiratete). Hier steht einer hohen Steuerlast in der aktiven Berufsphase ein geringerer Steuertarif in der Rentenphase gegenüber. Zu beachten ist, dass die Auszahlung lediglich als Rente möglich ist, keine vorzeitige Verfügbarkeit besteht und die Vererbbarkeit eingeschränkt ist.
-> Einschätzung der Verbraucherzentrale Niedersachsen:
Rürup wird als noch unflexibler eingestuft, die Förderung beschränkt sich auf Steuervorteile in der Sparphase. Kündigungen sind nicht möglich, und die Kosten sind oft hoch bei zu niedrigen Renditen.
ETFs (Exchange Traded Funds): Sie bieten potenziell höhere Renditechancen und geringere Abschluss- oder Verwaltungskosten als klassische Vorsorgeprodukte. Allerdings erfordern sie Börsen-Know-how und eine höhere Risikobereitschaft. Zudem ist keine lebenslange rentenförmige Auszahlung vorgesehen, was das Langlebigkeitsrisiko nicht absichert. Vorsicht sei geboten, wenn „auf eigene Faust“ an der Börse gehandelt werde, warnte Michael Schier.
-> Einschätzung der Verbraucherzentrale Niedersachsen:
Aktien und Aktienfonds, ob aktiv gemanagt oder in Form von ETFs, bergen naturgemäß Verlustrisiken und sind nicht für Anleger geeignet, für die Kapitalerhalt an erster Stelle steht. Dennoch hält die Verbraucherzentrale breit gestreute ETF-Sparpläne aufgrund bisheriger Erfahrungen für eine geeignete Art der Altersvorsorge, wenn ein langfristiger Anlagehorizont von mindestens 10 Jahren gewählt wird.
Immobilien: Mietfreies Wohnen im Alter ist ein großer Vorteil. Zudem besteht die Möglichkeit der (Teil-)Verrentung des Immobilienwerts im Rahmen einer Umkehrhypothek. Demgegenüber steht der Unterhaltungsaufwand der Immobilie, und die Immobilie allein generiere noch kein Alterseinkommen.
-> Einschätzung der Verbraucherzentrale Niedersachsen:
Die eigene Immobilie wird oft als ideale Altersvorsorge beworben, birgt aber Tücken. Wenn die Renteneinkünfte nicht ausreichen, um Sanierungs-, Unterhaltungs- und möglicherweise Kreditkosten zu decken, kann die Immobilie schwer zu halten sein.
Steuerliche Aspekte und Inflationsschutz
Eine effektive Altersvorsorgestrategie zielt darauf ab, den Lebensstandard im Alter zu sichern. Dabei spielen steuerliche Aspekte eine große Rolle, insbesondere das Verhältnis von Steuerersparnissen in der Ansparphase zur Steuerlast in der Auszahlphase. Es sei sinnvoll, den Sparprozess immer wieder zu überprüfen und an Veränderungen in der Lebens- oder Erwerbsbiographie anzupassen, also sozusagen ein „Altersvorsorge-TÜV“.
Die Verbraucherzentrale Niedersachsen weist darauf hin, dass steuerliche Ersparnisse in der Gegenwart meist zu einer Nachversteuerung in der Rentenphase führen. Ob sich eine steuerlich begünstigte Anlageform auszahlt, hängt vom aktuellen persönlichen Steuersatz und dem schwer vorherzusagenden Steuersatz im Rentenalter ab. Die Verbraucherzentrale warnt davor, dass die Aussicht auf Steuerersparnis durch unseriöse Berater oft zu unrentablen, unflexiblen und hoch spekulativen Geldanlagen führt. Aus Sicht der Verbraucherzentrale sind "das goldene Dreieck" Sicherheit, Flexibilität und Rentabilität wichtige Aspekte.
Auch die Inflation beeinflusse die Kaufkraft von Renten und Ersparnissen. Die gesetzliche Rente sei relativ inflationsfest, da sie an die Lohnentwicklung gekoppelt sei. Bei klassischen privaten Vorsorgeprodukten könne die Inflation jedoch eine Rolle spielen. Hier sollte bei der Produktauswahl darauf geachtet werden, dass die späteren Renten steigen und nicht statisch sind. Bei entsprechender Risikobereitschaft empfiehlt sich zudem die Anlage in aktienbasierten Produkttarifen, möglichst mit einer Rückgewähr der eingezahlten Beiträge, um der Inflation entgegenzuwirken.
So findet man eine seriöse und unabhängige Beratung
Um eine unabhängige und seriöse Beratung zur Altersvorsorge zu finden, sollte man auf den sogenannten „Mehrfachvermittlerstatus“ des Beraters achten. Das bedeutet, dass der Berater Produkte nicht aus einem produktbezogenen Abhängigkeitsverhältnis heraus vermittelt, sondern verschiedene Anbieter und Produkte vergleichen kann. Eine seriöse Beratung setze zudem immer an den persönlichen Präferenzen und dem individuellen Vorsorgebedarf an.
Warnsignale für unseriöse Angebote sind vor allem hohe Renditeversprechen, die außer Acht lassen, dass Renditechancen und Risiken immer in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Auch sei zu beachten, dass einer (vermeintlich hohen) Förderung in der Ansparphase immer eine Abgabenlast in der Bezugsphase gegenübersteht, wie die "Deutsche Rentenversicherung" auf ihrer Webseite ebenfalls hinweist. Bleiben Sie kritisch und setzen Sie auf umfassende, bedarfsgerechte Beratung.
Die Verbraucherzentrale Niedersachsen empfiehlt ausdrücklich die eigene Geldanlage- und Altersvorsorgeberatung. Sie geben keine konkreten Kaufempfehlungen ab, sondern besprechen mit Ratsuchenden, was diese aufgrund ihrer individuellen Situation bei der Geldanlage und Altersvorsorge beachten sollten. Von der Beratung durch Vertreter, Geldinstitute und Finanzanlagenvermittler rät die Verbraucherzentrale ab, da diese provisionsbasiert arbeiten und somit nicht unabhängig sind.