Hamburg. Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) hat Probleme bei der Elbvertiefung eingeräumt. In der Wochenzeitung "Die Zeit" machte er auch den Bund in Teilen dafür verantwortlich.
Er bezog sich auf die jüngste Entscheidung der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung, die sogenannten Höchsttiefgänge in der Elbe für den Schiffsverkehr um etwa einen Meter zu reduzieren. "Ich war über das Vorgehen des Bundes überrascht", sagte Westhagemann. "Es war auch nicht mit uns abgestimmt." Die Elbvertiefung, die geplante Verbreiterung und Vertiefung der Fahrrinne in der Elbe, wurde vom Bund erst vor zehn Monaten für abgeschlossen erklärt.
Durch die mehr als 800 Millionen Euro teure Maßnahme sollte der zulässige Tiefgang für Frachter eigentlich um einen Meter - auf 14,50 Meter bei Flut und auf 13,50 Meter tideunabhängig - zunehmen. Zum 1. Dezember schränkt die Behörde die "nautisch nutzbare Tiefe" der Elbe zwischen Nordsee und dem Hamburger Hafen "temporär um einen Meter" ein. Bis das Flussbett durch Baggerarbeiten wieder die geplante Tiefe erreicht, werde es laut Heinrich Witte, Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt des Bundes höchstens "drei bis fünf Jahre" dauern. Durch den geringeren Tiefgang können Reedereien ihre großen Handelsschiffe künftig nur mit weniger Containern beladen als bisher, wenn sie Deutschlands größten Hafen ansteuern wollen.
Frachter aus China etwa müssen dann oftmals auf mehrere tausend Container verzichten. Je nach Größe können Schiffe nur noch 70 bis 90 Prozent ihrer möglichen Ladung transportieren. Vielen Reedereien droht damit ein Verlust von Einnahmen in Millionenhöhe. Grund für die Rücknahme der Höchsttiefgänge in der Elbe sind laut der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung klimatische Veränderungen, die zu einer außergewöhnlich starken Verschlickung führen, sowie Personalmangel in den zuständigen Ämtern und fehlende Baggerschiffe.
"Dass es beim Bund Personalengpässe gibt, war uns ehrlicherweise in dieser Deutlichkeit nicht bewusst", sagte dazu Westhagemann. Es erfülle ihn mit Sorge. Er habe Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) daher angeboten, dass die Hamburger Hafenbehörde für einen Übergangszeitraum dem Bund helfe, und etwa einen Saugbagger beschaffe. Westhagemann fordert in der "Zeit" aber auch, dass der Verkehrsminister ausreichend Kapazitäten für das Ausbaggern der Elbe sicherstellen müsse.
Auf die Frage, ob das teure Projekt Elbvertiefung gescheitert sei, sagte Westhagemann: "Mit so einem Urteil wäre ich wirklich vorsichtig." Als Senator verlasse er sich darauf, dass die Annahmen aus der damaligen Planung stimmten und dass der Bund die zugesagten Solltiefen gewährleiste. "Die Lage ist nicht schön, klar", so der Wirtschaftssenator. "Wir wollten den Reedern dauerhaft mehr Tiefgang für Großschiffe und dem Hafen eine bessere Erreichbarkeit bieten. Das macht der Bund gerade nur bedingt."
Westhagemann hoffe aber immer noch, dass die Elbe wieder schnell auf Solltiefe korrigiert wird. Streit gibt es ebenso über die Entsorgung des Elbschlicks. Hamburgs Hafenbehörde HPA hatte im November beantragt, Sedimente aus der Elbe bei Scharhörn zu verklappen, und das schon ab Januar 2023.
Die Vogelinsel Scharhörn in der Nordsee gehört zum Hamburger Landesgebiet. Niedersachsen befürchtet jedoch, dass Schadstoffe ins nahe Wattenmeer driften und der dortigen Tier- und Pflanzenwelt schaden könnten. "Die Hamburger Probleme dürfen nicht vor Scharhörn verklappt werden", sagte der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies der "Zeit". Das Land erwäge nun juristische Schritte. "Wir sind auf rechtlichen Widerstand vorbereitet und können ihn jederzeit scharf schalten", so Lies. "Ich finde es sehr schade, wenn von Klage die Rede ist, bevor man miteinander gesprochen hat", sagte dazu Hamburgs Wirtschaftssenator Westhagemann. "Wir Küstenländer sind uns einig, dass wir das gemeinsam mit dem Bund regeln müssen. Es wird aber keine kurzfristigen Lösungen geben können."
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