Lehre. Die bedrückende Ausstellung zu den Taten in der ehemaligen Landes-Heil- und Pflegeanstalt Königslutter wurde jetzt offiziell eröffnet. Gabriele Heinen-Kljajic als erste Vorsitzende vom Arbeitskreis Andere Geschichte e. V. hatte die rund 50 Gäste im Ratssaal begrüßt und einen Überblick über die Arbeit des Vereins gegeben. Sie lobte die ehrenamtliche Arbeit mit diesem schwierigen Thema. Der Schwerpunkt des Vereins liegt bei der zeitlichen Epoche des Nationalsozialismus. Dies teilte die Gemeinde mit. „Der Arbeitskreis Andere Geschichte ist eine von vielen Geschichtswerkstätten, die in den 80er Jahren aus zivilgesellschaftlichem Engagement gegründet wurden“, berichtet Gabriele Heinen-Kljajic.
„Die Ausstellung befasst sich mit Menschen, die aus ihren Leben gerissen wurden, weil sie anders waren“, erklärt Bürgermeister Andreas Busch über die grausamen Morde, die damals begangen wurden. „Wir tragen keine Schuld an dem Verbrechen aber wir haben den Auftrag daran zu erinnern und immer wieder zu mahnen“, so Busch weiter. Auch der Bürgermeister der Stadt Königslutter am Elm Alexander Hoppe hat an der Eröffnung teilgenommen. „Diese Ausstellung hat eine große Bedeutung für unsere Region und wir sind sehr dankbar für die Ausstellung“, so Hoppe im Ratssaal.
Aktion T4 und ihre Beteiligten
186 betroffene Personen aus dem ehemaligen Land Braunschweig konnten bisher ermittelt werden, die bei der „Aktion T4“ in der zuständigen Tötungsanstalt Bernburg getötet wurden. Gemäß derzeitiger Erkenntnisse starben im Zuge der „T4-Aktion“ in Deutschland bis 1941 insgesamt mehr als 70.000 Menschen einen qualvollen Gastod mit Kohlenmonoxid. Danach waren es mehr als 120.000 - durch verhungern lassen, falsche Medikamentengaben und gezielte Vernachlässigung. „Diese Taten dürfen wir nicht vergessen“, erklärte Susanne Weihmann bei der Eröffnung der Wanderausstellung und ging näher auf Geschichten der Patientinnen und Patienten ein. So wurde ein Herr an seinem 45. Geburtstag getötet. Die Ermittlungen gegen die drei Hauptakteure der Vorgänge in Königslutter wurden eingestellt, sie mussten sich nie wieder vor einem Gericht verantworten
Zeugnis der Taten
Sebastian Barnstorf, der Enkel von Fritz Barnstorf, dem Anstaltsarztes und stellvertretender Anstaltsleiters in der Nachkriegszeit, erzählte, dass aus der Familie niemand von diesen Taten wusste. Nach den gefundenen Dokumenten aus dem ausgeräumten Haus des verstorbenen Großvaters war dieser mindestens tief verstrickt in die Krankenmorde. Ausschnitte aus diesen Briefen sind in der Ausstellung zu sehen. Durch die Ausstellung soll den ermordeten Personen ein Gesicht und Name gegeben werden. „Wir hoffen, dass die Ausstellung um Lebensalben erweitert wird, die die Schicksale und Biographien der Ermordeten darstellen“, so Barnstorf.
Opfer bekommen ein Gesicht
Zu den Opfern der Krankenmorde zählt auch Hans Tepelmann aus Wendhausen, der als Sohn der Schlossbesitzerin Helene Tepelmann-Vieweg bekannt war. Uwe Otte, der sich sonst hauptsächlich mit den Geschehnissen in der ehemaligen Heeresmunitionsanstalt im Kampstüh beschäftigt, erzählt seine traurige Geschichte. Bei Nachforschungen stieß Otte auf die Aussage einer Zeitzeugin, die das Verschwinden von Hans Tepelmann bemerkt hatte. Sie vermutete: „Den haben die Nazis geholt“.
„Den Personen muss wieder ein Gesicht verliehen werden. So soll eine Erinnerungskultur gestalten werden“, bekräftigt Otte. Zwei weitere Personen, Marie Kopp aus Essehof und Peter Becker aus Lehre, sind bei der Euthanasie-Maßnahme ums Leben gekommen. Bis heute sei leider über diese noch nicht so viel bekannt.
Die Ausstellung ist noch bis zum 14. Februar im Rathaus der Gemeinde Lehre während der Öffnungszeiten zu sehen. Susanne Weihmann wird am Dienstag, 7. Februar 2023 um 16.30 Uhr durch die Ausstellung führen. Eine Anmeldung für die Kuratorenführung ist nicht notwendig. Bei Bedarf könnten weitere Führungen abgesprochen werden, am besten per Mail unter: andere_geschichte_braunschweig@t-online.de
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