Helmstedt. Arbeitsagentur und Unternehmen arbeiten bei der Integration von Flüchtlingen Hand in Hand. Neun Flüchtlinge sind so mittlerweile bei der Firma Meyer Straßenbau in Groß Twülpstedt beschäftigt. Unter Ihnen auch der 21- jährige Hintsa aus Eritrea.
Seine Chefin Susanne Meyer macht anderen Arbeitgebern Mut: “Schwierigkeiten sind überwindbar, es lohnt sich!“
Hintsa sitzt mit seiner Chefin Susanne Meyer am Tisch und lächelt. Er ist froh, hier arbeiten zu dürfen. Vor 15 Monaten ist er aus Eritrea geflohen. Erst zu Fuß durch den Sudan und Libyen, dann mit dem Boot über das Mittelmeer: “Es war ein sehr kleines Boot“ sagt er. Auf die Frage, wie viele mit ihm im Boot waren, zuckt er die Schultern und sagt leise „300, vielleicht 350.“ Nach der langen gefährlichen Flucht aus einem Land, in dem er gezwungen wurde, im Militär zu dienen, ist er nun weit weg von zu Hause. Seine Familie ist in Eritrea, anfangs ist das neue Land fremd, die Sprache auch, keine Freunde, kein Job. Doch jetzt meint es das Leben gut mit ihm. Susanne Meyer erzählt: „Hintsa arbeitet seit dem 9. Januar bei uns. Zwei Tage geht er zur Berufsschule und drei Tage ist er hier. Wenn alles gut läuft, beginnt er im August seine Ausbildung zum Land- und Baumaschinenmechatroniker“.
Sprint Dual heißt dieses Projekt. Zwei Tage Berufsschule vermitteln ihm schulische und sprachliche Fähigkeiten, an den drei Wochentagen im Betrieb absolviert er die sogenannte Einstiegsqualifizierung (EQ), die ihm den Weg in die Ausbildung ebnet. Aber der junge Eritreer ist nicht der einzige. Weitere acht Flüchtlinge arbeiten als Bauhelfer für Meyer Straßenbau. Susanne Meyer erzählt: „Wir suchen immer Mitarbeiter, seit zirka zehn Jahren finden wir keine geeigneten Leute mehr. In Zusammenarbeit mit meiner Ansprechpartnerin bei der Arbeitsagentur, Manuela Fritsch, wollten wir Flüchtlingen nun eine Chance bei uns geben und es ausprobieren.“
Flüchtlinge wollen dringend arbeiten
Die Arbeitsagentur hat im Oktober zehn geeignete Bewerber eingeladen. Sie kommen aus Eritrea, dem Sudan, Somalia, Afghanistan und der Elfenbeinküste. Sie waren in ihren Heimatländern Bauhelfer, Handwerker, Baggerfahrer, sogar ein Bauingenieur ist dabei. Alle eint ein Wunsch: Sie wollen Arbeit finden. Zur Infoveranstaltung in der Arbeitsagentur kamen alle zehn. Alle zehn haben das Praktikum absolviert, jeden Tag pünktlich und der Kälte trotzend. Zwei sind mittlerweile nicht mehr in Deutschland. Einer musste nach Hause zurück und ein weiterer wurde in die Schweiz zurückgeführt.
„Die anderen haben einen Arbeitsvertrag bei uns unterzeichnet. Sie sind auf unseren Baustellen verteilt und was soll ich sagen - es läuft sehr gut. Leider haben sie keinen Führerschein, aber auch das geht! Die Kollegen holen sie morgens ab und nehmen sie mit auf die Baustellen. Ausnahmslos alle sind pünktlich, fleißig, lernfähig und vor allem höflich. Die Motivation ist hoch. Die anfängliche Skepsis bei den Kollegen ist gewichen. Keiner will die neuen Kollegen mehr hergeben, “ sagt Susanne Meyer mit einem Lächeln und ergänzt: „Was für uns zählt, ist der Wille, alles andere kann man lernen. Mittlerweile sprechen alle ausreichend deutsch und es wird von Tag zu Tag besser. Auch die Kollegen und ich lernen viel dazu. Wir erfahren ihre Geschichten, lernen die Herkunftsländer kennen und die Kultur. Sie sind in jeder Hinsicht eine Bereicherung für unser Unternehmen.“
Dass auf den Arbeitgeber mehr Einsatz zukommt als bei anderen Einstellungen verschweigt Susanne Meyer nicht: „Natürlich muss auch der Arbeitgeber wollen und diesen Weg mitgehen. Es geht nicht, sich heute für einen Flüchtling zu entscheiden und morgen arbeitet er. Man muss Zeit investieren. Es gibt den Papierkrieg, den es zu gewinnen gilt: Arbeitsgenehmigung, Steuernummer, Krankenkasse und vieles mehr. Das kostet schon Zeit. Aber Arbeitsagentur und ehrenamtliche Helfer aus unserer Region haben uns wirklich toll dabei unterstützt. Und: es lohnt sich. Ich kann nur jedem Unternehmen raten, diese Chance auf gute, motivierte Mitarbeiter zu nutzen.“
Unterstützung und weitere Informationen zu diesem Thema erhalten Arbeitgeber bei ihrem Ansprechpartner im gemeinsamen Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit und des Jobcenters Helmstedt oder unter 0800 4 5555 20 (kostenfrei).
mehr News aus Helmstedt