Schöningen. Am 30. September haben die Stadt und der Arbeitskreis "Stolpersteine und Gedenkarbeit" eine neue Informationstafel für den jüdischen Friedhof im Volkspark präsentiert. "Durch das neue Schild soll die Wahrnehmung des Jüdischen Friedhofs deutlich erhöht werden und damit das Bewusstsein für diesen bedeutenden Gedenkort", sagte Bürgermeister Malte Schneider anlässlich der offiziellen Übergabe, wie die Stadt am heutigen Donnerstag mitteilte.
Die Hinweistafel mit Texten auf deutscher und englischer Sprache sei ein Gemeinschaftsprojekt zwischen der Stadt und dem Arbeitskreis "Stolpersteine und Gedenkarbeit" gewesen und soll mit dem Design der neuen Schilder der "Entdeckerrunde" in der Innenstadt abgestimmt worden sein. Da Foto- oder Bildmaterial von der einstigen Ansicht des Jüdischen Friedhofs nicht mehr erhalten sei, habe Peter Tuma eine Grafik beigesteuert. Sie soll illustrieren, wie der Friedhof vor der Entfernung der Grabsteine im Jahr 1940 durch die Nationalsozialisten ausgesehen haben könnte.
Flyer mit Rundgang zu Stolpersteinen vorgestellt
Mit der neuen Informationstafel sei auch der neue Stolpersteinflyer präsentiert worden, der nun in einem Rundgang die 17 Orte mit Stolpersteinen im Stadtgebiet verbinde. Zu allen Steinen finde man Informationen zu den Schöninger Juden, die hier ihren letzten Wohnsitz hatten, bevor sie dem Regime zum Opfer fielen, hieß es. Der Flyer soll im Rathaus, Markt 1, und in der Tourist- Information auf dem Burgplatz erhältlich sein.
Das Thema Gedenkarbeit werde die Stadt und Arbeitskreis auch 2023 verbinden. So soll zu Beginn des Jahres die Ausstellung "Meine jüdischen Eltern, meine polnischen Eltern - Kinder des Holocaust in Polen" im Rathaussaal zu sehen geben. Die Ausstellung soll von Schicksalen jüdischer Kinder, die in Polen vor dem Holocaust gerettet wurden und in polnischen Familien Schutz fanden, erzählen. Darüber hinaus sei die Verlegung einer Stolperschwelle für die in Schöningen eingesetzten Zwangsarbeiter und zweier weiterer Stolpersteine geplant, hieß es weiter.
Nazis wollten auch jüdische Friedhöfe tilgen
Dem nationalsozialistischen Regime war es ein Anliegen, auch jüdische Friedhöfe zu vernichten, ebenso wie die jüdische Bevölkerung selbst. Nach dem Ende der Gewaltherrschaft 1945 waren sie auf dem Gebiet der deutschen Grenzen von 1937 aus den Ortsbildern verschwunden. Der in Schöningen an der Elmstraße gelegene Friedhof der Jüdischen Gemeinde wurde 1863 angelegt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde er als Begräbnisplatz an der Schützenbahn genutzt. 1926 wurden an der Elmstraße alle Grabstellen belegt oder vergeben. Dem Wunsch der Gemeinde, den bestehenden Friedhof zu erweitern, sei seitens der Stadtverwaltung damals nicht nachgekommen worden. Stattdessen sei auf dem Friedhof an der Müller-Mühlbein-Straße in den Jahren 1926 und 1933 je eine Parzelle für jüdische Begräbnisse zugewiesen worden. 1937 hatte die Stadtverwaltung, die sich zu diesem Zeitpunkt in nationalsozialistischer Hand befand, den Friedhof hier mit einer Hecke umpflanzen lassen. Durch seine Lage am Weg zum Elm und in direkter Nähe zu einem Wohngebiet hätten die Nationalsozialisten das Zeugnis jüdischen Lebens und jüdischer Kultur versteckt wollen, so die heutige Stadtverwaltung. 1940 seien aus diesem Grund auch die Grabsteine entfernt und abtransportiert worden. Ihr Verbleib sei nicht dokumentiert. Am 27. Mai 1941 wurde die Jüdischen Gemeinde durch den Reichsminister des Innern Wilhelm Frick schließlich aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt waren alle jüdischen Mitbürger schon geflohen oder deportiert.
An das Schicksal der Schöninger Juden erinnern heute ein Gedenkstein auf dem Friedhof an der Müller-Mühlbein-Straße und 32 Stolpersteine, die im gesamten Stadtgebiet vor ihren ehemaligen Wohnstätten eingelassen wurden.
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