Berlin. Die Schienennetzgesellschaft Infrago der Deutschen Bahn (DB) räumt in einem Papier zum "Baustellenmanagement" unumwunden ein, wie groß die Probleme beim Zugverkehr inzwischen sind. Die eigenen Beschäftigten seien "am Limit", und die Kunden ebenfalls, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".
Mit Kunden sind die Zugbetreiber gemeint. Die Infrago informiert oftmals so spät über Baumaßnahmen und Streckensperrungen, dass die Zugbetreiber weder rechtzeitig für Ersatzbusse sorgen noch die Fahrgäste unterrichten können. Fahrpläne werden deshalb teilweise mit dem Zusatz "ohne Gewähr" versehen.
Mit einem neuen Baustellenkonzept will die Infrago für Abhilfe sorgen. Der Zielzustand wird dem 72-seitigen Dokument zufolge, das vom 9. Juli datiert, aber erst 2028 erreicht. Bis fast alle Züge wieder pünktlich sind, kann es also noch Jahre dauern.
Schlimmstenfalls erfährt ein Lokführer kurz vor der Abfahrt, dass sein Zug stehen bleiben muss. Weil die Bauarbeiten auf der vor ihm liegenden Strecke noch gar nicht beendet sind, anders als geplant. Das hat das Bahnunternehmen Arverio erlebt, das viele Regionallinien in Bayern und Baden-Württemberg betreibt. Manchmal erlebe er das "blanke Chaos", sagte Arverio-Chef Fabian Amini der SZ. Wie neulich zwischen München und Augsburg, als die DB Infrago laut Arverio "wieder viel zu kurzfristig" Bauarbeiten angekündigt habe. Schuld daran seien, sagte Amini, aber nicht die "überlasteten" Beschäftigten bei Infrago. Die Bayerische Regiobahn, die Zuglinien von Augsburg und München in die Berge betreibt, versieht die wegen Baustellen geänderten Fahrpläne mit dem Zusatz "ohne Gewähr".
Unmut über die späten Informationen von Infrago gibt es laut SZ auch bei deren eigener Schwestergesellschaft DB Regio innerhalb des Staatsunternehmens Deutsche Bahn. Die DB Regio betreibt viele Regionallinien. Teilweise klappt es dem Infrago-Dokument zufolge nur in jedem dritten Fall, die Zugbetreiber rechtzeitig und vollständig über Baumaßnahmen zu informieren.
Die Aufsichtsbehörde Bundesnetzagentur in Bonn hat auf wiederholte Beschwerden von Zugbetreibern hin die DB Infrago verpflichtet, die Bahnunternehmen besser über Baumaßnahmen zu informieren. Das müsse sich "grundlegend" ändern. Außerdem müsse die Infrago die Fristen für die "Übermittlung von Bauplanungsdokumenten" einhalten. Da die Netzgesellschaft der DB weiterhin gegen diese Vorgabe verstoße, habe man ein Zwangsgeld in Höhe von 225 000 Euro verhängt, teilte die Netzagentur auf SZ-Anfrage mit. "Aktuell werden weitere Zwangsmaßnahmen geprüft." Aufgabe der Netzagentur ist es, die "zentralen Lebensadern unseres Landes" zu sichern, auch bei der Bahn.
Die Netzagentur teilte weiter mit, damit alle Vorgaben umgesetzt werden könnten, müsse die Infrago bei ihrer Informationstechnik (IT) enorm viel ändern. "Die vollständige Umsetzung der angeordneten Maßnahmen wird für das Fahrplanjahr 2028 erwartet."
mehr News aus der Region