Region. Die Prognose der Flüchtlingszahlen für 2015 ist raus: Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) kündigte am Nachmittag an, bis Ende des Jahres mit insgesamt 800.000 Asylsuchenden zu rechnen. In den ersten sieben Monaten des Jahres wurden 310.000 Menschen als Asylsuchende erfasst. Ein Großteil der in Deutschland gestellten Asylanträge käme von Menschen aus den West-Balkan-Staaten. „Kontrollfreie Grenzen werden auf Dauer keinen Bestand haben“, so de Maizière.
„Wir müssen damit rechnen, dass 800.000 Menschen zu uns kommen, das ist mehr als doppelte über der Frühjahrsprognose und das Vierfache gegenüber dem Vorjahr. Die Entwicklung ist eine Herausforderung für uns alle“, sagte de Maizière während der Pressekonferenz in Berlin. Man müsse diese Aufgabe gemeinsam annehmen und man werde die Aufgabe meistern. Wie genau die Länder und Kommunen mit den insgesamt 800.000 Asylsuchenden zurecht kommen sollen, dazu äußerte sich der Innenminister nicht. Man habe sich jedoch auf einen gemeinsamen Koordinierungsstab aus Bund und Ländern verständigt. Dieser wolle am kommenden Montag seine Arbeit aufnehmen. Man werde sich auf hohe Flüchtlingszahlen einige Jahre einzustellen haben. "Es ist Zeit, neue Wege zu gehen, es ist Zeit für pragmatische Lösungen. Wir müssen dabei auch über Maßnahmen nachdenken, die wir bisher noch nicht in Erwägung gezogen haben", so de Maizière, „es ist Zeit für europäische Lösungen, es Zeit darüber nachzudenken, wie wir solche Zahlen in Zukunft für Deutschland verringern können.“
Schnellere Rückführung, Abweichungen von den Standards
In den vergangenen Wochen habe man laut de Maizière eine dramatische Steigerung der ankommenden Asylsuchenden festgestellt. „Diese Entwicklung seit Juni/Juli dieses Jahres war unvorhersehbar – alleine im Juli 2015 waren es fast 83.000 Menschen, bis zum 15. August noch einmal 50.000. Auf diese Zahlen konnten die Aufnahmekapazitäten der Länder nicht ausreichend vorbereitet sein."
In den ersten sieben Monaten des Jahres wurden 310.000 Menschen als Asylsuchende erfasst. Zugenommen habe die Zahl der Asylsuchenden, weil die Route über Balkan und Ägäis häufiger genutzt würde. Zudem habe sich die Situation in Griechenland drastisch verschärft. In den ersten sechs Monaten stammten mehr als 40 Prozent aller in Deutschland gestellten Asylanträge aus dem West-Balkan. „Das ist inakzeptabel und für Europa blamabel", sagte de Maizière. Aufgrund dieser Prozentzahl rate er zu schnelleren Verfahren noch innerhalb der Erstaufnahmelager sowie eine baldige Rückführung. „Kontrollfreie Grenzen werden auf Dauer keinen Bestand haben.“
Man brauche Abweichungen von den Standards, um zum Beispiel Zelte auch in den Wintermonaten nutzen zu können. Deutschland könne nicht auf Dauer 40 Prozent aller Flüchtlinge und Asylbewerber, die nach Europa kommen, alleine aufnehmen. Die EU-Kommission müsse gegen sich weigernden Staaten angehen: "Dublin III muss vorangetrieben werden." Dennoch hätte jeder Flüchtling ein Recht auf ein faires Verfahren: „Jeder Flüchtling, der nach Deutschland kommt, muss würdig, sicher und anständig aufgenommen und untergebracht werden. Jeder hat das Recht auf ein faires Verfahren und darauf, in Deutschland nicht angegriffen oder beleidigt zu werden. Hass, Beleidigungen und Angriffe auf Asylbewerberheime sind unseren Landes unwürdig.“ Man werde dem mit aller Härte entgegentreten.
Keine Anzeichen für positive Entwicklung
Aktuell gibt es gibt keine Anzeichen für eine positive Entwicklung in den Konfliktregionen des nahen Ostens, am Horn von Afrika oder in Nordafrika zu verzeichnen. Bei der Asylmigration aus den Westbalkanländern habe man eine Abschwächungstendenz erfreut zur Kenntnis genommen, dies sei jedoch zu früh für eine Trendwende, so der Innenminister. "Es sind nun alle gefordert – überfordert ist Deutschland mit dieser Entwicklung jedoch nicht. Wir kriegen das hin“, so Innenminister Thomas de Maizière. Der Flüchtlingsgipfel ist für den 24. September geplant.
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