Berlin. Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis warnt mit Blick auf Herbst und Winter vor einer massiven Belastung der Kliniken durch die Grippe. "Die Grippe macht mir deutlich mehr Sorgen als Corona", sagte Karagiannidis den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben).
"Bei der Influenza müssen wir uns auf deutlich mehr schwerere Verläufe einstellen als bei einer Omikron-Infektion." Man müsse damit rechnen, dass in diesem Winter eine Infektionswelle auf die nächste folge, so der Leiter des Intensivregisters der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). "Erst kommt jetzt die Corona-Welle; wenn es kälter wird, kommen die Grippe- und RS-Viren." Wie stark die Grippewelle werde, hänge davon ab, welches Influenzavirus sich durchsetze.
Die Variante H3N2 wäre weniger gefährlich, H1N1 dagegen führe zu deutlich schwereren Verläufen, so der Mediziner. "Die Grippe wird uns in den Kliniken in jedem Fall mehr beschäftigen als Corona." Aktuell sei die Lage auf den Intensivstationen vergleichsweise entspannt. "Eine schwere Influenzawelle bei Patienten und Personal könne die Kliniken schnell wieder stark belasten."
Die entscheidende Impfung für die Älteren und die chronisch Kranken sei deswegen in diesem Jahr die Grippeschutzimpfung, so Karagiannidis. Impfmüdigkeit sei hier fatal: "In den vergangenen Jahren war die Impfbereitschaft noch zu niedrig. Das kann sich rächen." Mit Blick auf die neuen Corona-Varianten EG.5 ("Eris"), BA.2.86 ("Pirola") und XBB.1.16 ("Arcturus") zeigte sich Karagiannidis dagegen eher entspannt: Die steigenden Fallzahlen beunruhigten ihn nicht.
"Wir haben in der Bevölkerung eine robuste Immunität entwickelt." Es gebe bislang auch keinen Hinweis darauf, dass die drei Varianten wieder schwerer krank machten. Neben dem Risiko eines schweren Verlaufs bleibt weiterhin das Risiko, durch eine Corona-Infektion Long Covid zu entwickeln und dadurch dauerhaft im Alltag beeinträchtigt zu werden.
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