Berlin. Die deutschen Intensivmediziner dringen angesichts überlasteter Kliniken darauf, schnell ein flächendeckendes Netz für Telemedizin in Deutschland aufzubauen. "Für unsere Mitarbeiter wie unsere Patienten ist die Etablierung und der flächendeckende Ausbau von Telemedizin von enormer Bedeutung", sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben).
"Niemandem sollten in Wissenschaft und klinischer Praxis bewährte Errungenschaften in der Medizin vorenthalten werden. Vor allem dann nicht, wenn wir die Möglichkeiten, Mittel und Wege zur Umsetzung direkt vor Augen haben." Bei der Telemedizin beobachtet und berät ein Arzt einen Patienten per Telekommunikation aus der Ferne, etwa per Videoübertragung über Computer oder Handy. Patient und Arzt müssen nicht am gleichen Ort sein. Kurzfristig ermögliche Telemedizin auch auf Intensivstationen "die Versorgung vieler schwerkranker Patienten auch in kleinen Krankenhäusern auf universitärem Niveau", sagte Marx. Dabei seien "spezialisierten Zentren" im Mittelpunkt, in denen Intensivmediziner rund um die Uhr als Ansprechpartner vor einem Bildschirm sitzen und als Experten "von überall her aus der Republik angesprochen werden können". Solche Zentren gibt es nach Auskunft der Divi bereits schon in Aachen, Berlin, Hamburg, und Münster. Krankenhäuser könnten so auf ein Netzwerk von Spezialisten zurückgreifen, "die vielleicht noch einen Rat wissen, zum Beispiel Infektiologen, wenn sich sehr schwierige Infektionen oder eine schwere Sepsis nicht in den Griff kriegen lassen", sagte Divi-Präsident Marx. "Man schaut sich als Team, wenn auch geografisch über viele hundert Kilometer getrennt, gemeinsam den Patienten und dessen Werte an und unterstützt bei schwierigsten Entscheidungen, die teilweise für das Überleben entscheidend sein können." Auch die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass Telemedizin Leben rette, so Marx. Dennoch sei die Telemedizin "bis heute nicht für alle Krankheitsbilder in die Regelfinanzierung aufgenommen", kritisierte der Divi-Präsident. Aufgrund der vielen Infektionen mit dem Coronavirus oder einer Influenza stoßen die Intensivstationen nach Angaben des Verbandes derzeit vielerorts an Grenzen. Auch hohe Krankenstände unter Pflegekräften sowie mangelndes Personal erschwerten die Situation. "So wenige freie Betten zur Versorgung von Notfallpatienten hatten wir noch nie", heißt es von Seiten der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin.
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