Interkommunales Gewerbegebiet - So fiel die Studie aus

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Ulrich Markurth und Frank Klingebiel stellten die Machbarkeitsstudie vor. Foto: Anke Donner
Ulrich Markurth und Frank Klingebiel stellten die Machbarkeitsstudie vor. Foto: Anke Donner

Braunschweig/Salzgitter. Die beiden Oberbürgermeister der Städte Braunschweig und Salzgitter, Ulrich Markurth und Frank Klingebiel, stellten am Freitag die Machbarkeitsstudie zum geplanten Gewerbegebiet zwischen Braunschweig und Salzgitter vor.


Bereits seit 2016 laufen die Planungen für ein interkommunales Gewerbegebiet zwischen Braunschweig und Salzgitter. Eine durch externe Gutachter erstellte Machbarkeitsstudie ist nun fertig und wurde am Freitag durch die Stadtoberhäupter aus Salzgitter und Braunschweig vorgestellt. Den Vorschlag, eine Machbarkeitsstudie für die Entwicklung eines interkommunalen Gewerbegebietes nördlich der A39 an der Stadtgrenze zwischen Braunschweig und Salzgitter zu erstellen, hatten die Oberbürgermeister Frank Klingebiel und Ulrich Markurth im April 2016 gemeinsam den Ratsgremien beider Städte und der Öffentlichkeit unterbreitet. Die beiden Räte von Braunschweig und Salzgitter beauftragten Mitte 2016 beide Verwaltungen, eine Machbarkeitsstudie zu erstellen, bevor politisch über das Interkommunale Gewerbe- und Industriegebiet entschieden wird. Seither wurde an der Studie gearbeitet.

„Eine einmalige Chance"


„Ein Interkommunales Gewerbegebiet zwischen unseren Städten ist eine einmalige Chance, die wir im Interesse der Zukunftsfähigkeit unserer Region nicht verspielen dürfen“, sagt Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth. „Wir brauchen neue Gewerbeflächen. Nirgendwo in unserer Region finden wir eine Fläche vergleichbarer Größe, die auch nur annähernd gute Entwicklungschancen, trimodale Verkehrsanbindung und günstige Lage zu Siedlungsschwerpunkten hätte. Die Entwicklung des Vorhabens hat damit eine landesweite Bedeutung. Diese Chance müssen wir ergreifen", erklärte Ulrich Markurth am Freitag.

Wichtigste Industrieregion Niedersachsens


Weder Braunschweig noch Salzgitter könnten solche Industrieflächen momentan in ausreichendem Umfang anbieten. Zugleichseihier bewertete Fläche seit Jahrzehnten in den Flächennutzungsplänen für die Erschließung als Gewerbe- und Industriegebiet vorgesehen, argumentierten Markurth und Klingebiel. Insbesondere in der wichtigsten Industrieregion Niedersachsens seien Flächen zur Erweiterung der bestehenden und zur Ansiedlung neuer Industriebetriebe unbedingt notwendig, wenn die Region nicht an Bedeutung für diese zentralen Wirtschaftszweige und damit maßgeblich an Arbeitsplätzen in diesem Segment verlieren soll.

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Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel und Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurt stellten die Studie vor. Foto: Sandra Zecchino


Das Gebiet unter der Lupe


Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurden Bodengutachten, faunische und floristische Bestandserfassungen, juristische Gutachten, Schallgutachten, Verkehrsgutachten und ein Gutachten zur Realisierung durchgeführt.

Betrachtet wurde ein 362 Hektar großes Untersuchungsgebiet vom Forst Stiddien im Norden bis zur Autobahn A 39 im Süden, vom Stichkanal Salzgitter im Westen bis zum Übergabebahnhof Beddingen im Osten. In der summarischen Betrachtung planerischer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte ist die Ausdehnung des Gebietes nach Norden zu begrenzen bis zu einer waagerechten Linie, ausgehend vom Bahnhofsgebäude am Übergabebahnhof Beddingen. Damit werden die Bereiche rund um den Ellernbruchsee aus der Entwicklung herausgenommen. Somit würden vom insgesamt 362 Hektar (brutto) großen Untersuchungsraum maximal 211 Hektar (netto, also bebaubare Fläche) verbleiben, die abschnittsweise zu einem Gewerbe- und Industriegebiet entwickelt werden könnten. Jeder Abschnitt für sich ist wirtschaftlich, wobei Synergien für die gemeinsame Entwicklung der ersten beiden Bauabschnitte, insbesondere für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, gehoben werden könnten. Das Planungsgebiet würde Teil des schon bestehenden, bedeutsamen und überregional bekannten Gewerbe- und Industriebandes entlang des Salzgitter-Zweigkanals.

Die Umsetzung

Die Machbarkeitsstudie empfiehlt, von Süden nach Norden 211 Hektar von untersuchten 362 Hektar zu entwickeln, unterteilt in drei Bauabschnitte in einem prognostizierten Zeitraum von etwa 40 Jahren. Die Realisierung der einzelnen Bauabschnitte soll mit einer gesonderten Beschlussfassung durch die Räte der beiden Städte eingeleitet werden. Somit erfolgt die Entwicklung des Interkommunalen Gewerbe- und Industriegebietes an der Nachfrage orientiert. Mit der Entwicklung allein der ersten beiden Bauabschnitte könnten rund 2.700 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Eigentum

Etwa die Hälfte der Bruttobauflächen sind bereits zusammenhängend im Eigentum der Städte Braunschweig und Salzgitter. Die Abfrage der Verkaufsbereitschaft zeigt, dass für elf Prozent der zu erwerbenden Flächen keine Verkaufsbereitschaft besteht. Es sind insbesondere die Landwirte im Nordosten des Untersuchungsgebietes, die ihren Betrieb fortführen wollen. Die anderen Grundstückseigentümer haben signalisiert, Verhandlungen zu einem Verkauf oder Flächentausch führen zu wollen.

Verkehr

Die Berechnungen des Verkehrsgutachtens zeigen, dass die vorhandenen Straßen und Kreuzungen zur A 39 hin nicht ausreichen, um den zusätzlichen Verkehr aufnehmen zu können. Ein Ausbau der Verkehrsanlagen wird deshalb erforderlich. Als sehr effektive Maßnahme zur möglichst direkten Führung des zusätzlichen Verkehrs auf das Autobahnnetz wird der Bau einer neuen Anschlussstelle an die A39 von der K16 empfohlen. Hierdurch können auch größere zusätzliche Verkehrsmengen direkt auf das Autobahnnetz geführt werden. Die vorhandene Anschlussstelle Salzgitter-Thiede würde entlastet und potenzielle Durchgangsverkehre würden reduziert. Um im Rahmen des zu erstellenden Mobilitätskonzeptes einen Anteil von mindestens 25 Prozent der Personenverkehre mit Bus und Bahn, dem Fahrrad oder als Mitfahrer im Pkw erreichen zu können, ist die Konzeption neuer Bus- oder Bahnlinien erforderlich.

Lärm

Die Ausweisung eines Industriegebietes ist an strenge Auflagen des Schallschutzes gekoppelt. Für eine sogenannte 24-Stunden-Nutzung (rund um die Uhr) an sieben Tagen in der Woche darf die vorhandene umliegende Wohnbebauung nicht über Gebühr mit Schallimmissionen belastet werden. Das Ergebnis zeigt, dass die industrielle Nutzung mit nächtlichem Fahrverkehr auf den innenliegenden Teil des Planungsgebietes zu beschränken ist.

Ausschluss nukleartechnischer Betriebe

Die politischen Gremien der Städte Braunschweig und Salzgitter haben ihrem Willen Ausdruck verliehen, die Zulässigkeit von Nutzungen mit radioaktiven Stoffen im Baugebiet auszuschließen. Die Machbarkeitsstudie zeigt die in erster Linie zivilrechtlichen Möglichkeiten auf, um dies zu erreichen. Braunschweig und Salzgitter können den Ausschluss einer Ansiedlung von atom- oder strahlenschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen oder von Gewerbebetrieben, in denen radioaktive Stoffe anfallen können, auch in Grundstückskaufverträgen oder sonstigen städtebaulichen Verträgen mit Grundeigentümern vereinbaren. Bei Grundstückskaufverträgen kann die Ansiedlungssteuerung zudem bereits durch die Käuferauswahl sowie durch die Vereinbarung von Rück- und Vorkaufsrechten für den Fall einer Verletzung der Unterlassungspflicht oder der Weiterveräußerung erfolgen. Konkrete Nutzungsausschlüsse können dabei vor allem durch vertragliche Unterlassungsverpflichtungen nebst Rechtsnachfolgeklauseln geregelt werden.

Umwelt- und Artenschutz

Das Gutachten zur Artenerfassung zeigt, dass bei der Umsetzung von drei Bauabschnitten Kompensationsflächen in einer Größe von rund 160 Hektar – zusätzlich zu den Tauschflächen für Landwirte - erforderlich sind. In einem Kompensationsflächenkonzept soll aufgezeigt werden, wie möglichst gleichzeitig die Belange des Biotop- und Bodenschutzes als auch die Belange des Artenschutzes (insbesondere Feldhamster) befriedigt werden können.

Klima

Grundlage ist die Stadtklimanalyse 2012. Eine Bebauung ist grundsätzlich möglich bzw. ausgleichbar aus klimatischen Aspekten. Es sind keine besonderen nachteiligen Auswirkungen auf vorhandene Ortsteile zu erwarten. Potenzielle Emissionen des Gebiets werden schnell verdünnt und abtransportiert.

Boden

Die Böden im Untersuchungsgebiet haben eine hohe Wertigkeit für die Landwirtschaft (Braunschweig-Hildesheimer Lößbörde). Hier finden sich Ackerzahlen von 75 bis 90.

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