"ISEK nach Innen" - Verwaltung soll effizienter werden


Im Braunschweiger Rathaus könnte sich in den kommenden Monaten und Jahren so einiges ändern. Foto: Archiv/Robert Braumann
Im Braunschweiger Rathaus könnte sich in den kommenden Monaten und Jahren so einiges ändern. Foto: Archiv/Robert Braumann | Foto: Robert Braumann

Braunschweig. Die Stadtverwaltung Braunschweig steht am Beginn eines umfassenden Haushaltsoptimierungs- und Verwaltungsmodernisierungsprozesses. Ziel ist es, den Haushalt gemäß Ratsauftrag vom Dezember 2018 bis spätestens 2026 nachhaltig ausgeglichen zu gestalten und die Stadtverwaltung noch effektiver und effizienter aufzustellen, auch und gerade für Zeiten mit möglicherweise schlechterer Einnahmesituation und geringeren Rücklagen. Das teilt die Stadt Braunschweig mit.


Erste Ergebnisse sollen bereits zum Haushalt 2020 vorliegen. Oberbürgermeister Ulrich Markurth hat diesen Prozess in Anlehnung an das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK), das kürzlich abgeschlossen wurde, als das nun folgende "ISEK nach Innen" definiert.

Externe Berater sollen den Prozess begleiten


Die Verwaltung werde, wenn der Verwaltungsausschuss dem am Dienstag zustimme, die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) mit der Prozessbegleitung beauftragen, sagte der Oberbürgermeister. Die KGSt ist eine unabhängige Beratungseinrichtung mit Sitz in Köln, die Kommunen zu allen Fragen des Kommunalen Managements unterstützt und berät und dabei auf ein großes Vergleichswissen zurückgreift. Markurth stellteam Freitag Dirk Greskowiak vor, Leiter des Geschäftsbereichs Beratung und Vergleiche bei der KGSt.

Der OB hob hervor, dass der Auftrag der Prozessbegleitung quasi "in der kommunalen Familie" bleibt. Über 2.100 Kommunen bundesweit seien bei der KGSt Mitglied. "Wir profitieren also vom Erfahrungsschatz vieler ähnlicher Prozesse in anderen Städten, die die KGSt – und dabei insbesondere die Abteilung von Herrn Greskowiak – gesammelt hat." Greskowiak ist Dipl.-Verwaltungswirt, kennt die Verwaltungspraxis aus zahlreichen eigenen Tätigkeiten in Verwaltungen und ist bereits seit den 80-er Jahren für die KGSt tätig. Seine Schwerpunkte liegen unter anderem bei den Themen Haushaltskonsolidierung und Organisationsuntersuchungen.

"Prozessarchitektur" steht schon


Bereits in den vergangenen Wochen ist mitDirk Greskowiak eine "Prozessarchitektur", also Zielstellung und Struktur, für Braunschweig erarbeitet worden. "Auf der Fachbereichsleitertagung am 28. Januar haben wir diese Prozessarchitektur mit den Führungskräften und der KGSt noch einmal präzisiert, so dass wir jetzt starten können", erläuterte Markurth.

Der OB weiter: "Es gibt bei diesem Prozess zwei Stränge, einen der Modernisierung und einen der Haushaltsoptimierung. Beide versuchen Antworten zu finden auf die grundlegende Frage, vor der alle Kommunen derzeit stehen: Wie können wir uns mit begrenzten Ressourcen für die Zukunft aufstellen und zum Beispiel den großen Herausforderungen von Digitalisierung und Fachkräftemangel begegnen?" Zwar habe Braunschweig derzeit noch gute Rücklagen, dies könne sich allerdings bei einer sich verschlechternden Konjunkturlage, die für die kommenden Jahre nicht auszuschließen sei, schnell ändern.

Der "Rasenmäher" soll vermieden werden


"Der Auftrag des Rates ist, dass wir uns für Zukunftsaufgaben rüsten und gleichzeitig schlanker und effizienter arbeiten, um unsere finanziellen Ressourcen zu schonen, ohne wichtige Zukunftsinvestitionen für unsere Stadt zu unterlassen, wie sie schwerpunktmäßig im mit großer Beteiligung erarbeiteten ISEK abgebildet sind", so der OB. "Wir verzichten in dieser Phase bewusst auf Kürzungen nach der ‚Rasenmähermethode‘, wie sie in früheren Konsolidierungsrunden eingesetzt wurde. Ziel des nun beginnenden, durchaus aufwändigen partizipativen Prozesses ist es, den Einsatz der ‚Rasenmähermethode‘ mit Hilfe fachlich fundierter, eigenverantwortlich in den Organisationseinheiten erarbeiteter Konsolidierungsvorschläge auch in Zukunft vermeiden zu können. So wollen wir eine breite Akzeptanz in der Belegschaft, in den politischen Gremien und letztlich der Bevölkerung erzielen."

Der Handlungsstrang Modernisierung soll dabei klären, welche Aufgaben in den kommenden Jahren auf die Verwaltung zukommen und wie sie möglichst gut und effizient erledigt werden können. Zum Handlungsstrang der Modernisierung gehören auch Projekte in Zusammenhang mit der Digitalisierung, die zum Teil bereits begonnen wurden: die Einführung eines Dokumentenmanagementsystems, die W-LAN-Infrastruktur in Schulen und der Einsatz mobiler Telefone und Tablets in der Verwaltung.

Die Stadt als attraktiver Arbeitgeber


Im Zusammenhang mit einer Aktualisierung des Personalentwicklungskonzepts sollen insbesondere die Konzepte zur Personalgewinnung und zum Personalerhalt einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Es geht um die Frage, wie sich die Stadt Braunschweig künftig noch stärker als attraktiver Arbeitgeber positionieren kann.

Des Weiteren wird mit den Dezernaten und Fachbereichen ergebnisoffen zu erörtern sein, ob die Aufgabenverteilung zwischen den Fachabteilungen und den zentralen Verwaltungseinheiten (Personal, Finanzen) stärker in Richtung einer dezentralen Ressourcenverantwortung verlagert werden sollte, die dann durch Vorgabe von Leistungszielen zu steuern wäre. Zu all diesen Themen werden Workshops mit den Fachbereichen durchgeführt. Gesteuert wird der Ablauf dieses Prozessteils durch eine Projektgruppe Modernisierung, der Organisations- und Personaldezernent Claus Ruppert vorsitzen wird. Ziel ist es, bis zum vierten Quartal 2019 einen Handlungsplan mit einer Aufgaben- und Zeitplanung für die nächsten Jahre zu erarbeiten.

Konsolidierungsergebnis von bis zu 50 Millionen Euro jährlich nötig


Der Handlungsstrang Haushaltsoptimierung hat zum Ziel, bis zum Ende der kommenden Kommunalwahlperiode 2021 bis 2026 den Haushalt nachhaltig ausgeglichen zu gestalten. Das heißt, der Haushalt soll spätestens ab dem Jahr 2026 ohne Rückgriff auf Rücklagen ausgeglichen werden können. Aus heutiger Sicht – und abhängig auch von der Einnahmesituation im jeweiligen Jahr – wäre dafür ein Konsolidierungsergebnis von bis zu 50 Millionen Euro jährlich nötig.

Geplant ist von der KGSt eine Reihe von kurz- und mittelfristig wirksamen Methoden und Instrumenten einzusetzen, um Potentiale für Optimierung auszumachen. Dazu gehört ein interkommunaler Vergleich des Mitteleinsatzes der städtischen Aufgabenerledigung mit Hilfe einer Software der IKVS GmbH. Des Weiteren soll es eine Analyse der 494 Produkte des städtischen Haushalts geben. Zudem verfügt die KGSt über eine Liste mit 900 Konsolidierungsmaßnahmen aus anderen Kommunen, deren Umsetzbarkeit auch für Braunschweig geprüft werden soll.

Projektgruppe Haushaltsoptimierung soll konkrete Empfehlungen geben


Zudem sollen weitere Erkenntnisse aus dem Wissensfundus der KGSt (unter anderem Vergleichsringarbeit, Best Practice Datenbank) genutzt werden. Parallel dazu sind die Fachbereiche aufgefordert, nachhaltig wirksame Vorschläge bereits zur Haushaltsentlastung des Planjahres 2020 zu machen. Die wesentlichen Auswirkungen des Haushaltsoptimierungsprozesses werden allerdings voraussichtlich erst in den Haushalten der darauffolgenden Jahre wirksam werden. Auch insoweit wird es entscheidend auf die eigenverantwortlich erarbeiteten Vorschläge der Organisationseinheiten ankommen. Eine Projektgruppe Haushaltsoptimierung unter Leitung von Finanzdezernent Christian Geiger wird auf dieser Grundlage konkrete Empfehlungen zur Haushaltsoptimierung erarbeiten. Eine Zeitplanung dafür wird derzeit erstellt.

In beiden Projektgruppen werde die KGSt die Stadtverwaltung eng begleiten, erläuterte Dirk Greskowiak. "Wir sehen uns als sogenannter Critical Friend, das heißt, wir fragen kritisch nach und unterbreiten gegebenenfalls auch den einen oder anderen unangenehmen Diskussions- und Entscheidungsvorschlag. Die Entscheidung, ob ein Vorschlag für Braunschweig der richtige ist, liegt bei der Stadtverwaltung und damit beim Oberbürgermeister. Zum Schluss werden die politischen Gremien entscheiden müssen, ob sie den Empfehlungen folgen wollen. Aufgrund unserer großen Erfahrung mit solchen Prozessen bin ich sehr zuversichtlich, dass wir gemeinsam zu guten und substanziellen Ergebnissen kommen werden."

Lenkungsgruppe überprüft die Ergebnisse regelmäßig


Oberbürgermeister Markurth erläuterte, dass eine Lenkungsgruppe unter seinem Vorsitz und unter Beteiligung der Personalvertretung und der KGSt die Ergebnisse der beiden Handlungsstränge regelmäßig zusammenführen werde. "Wir glauben, dass wir durch kritische Überprüfung laufender und künftiger Prozesse, durch Aufgaben- und Standardkritik sowie Prioritätensetzung, eine Haushaltsentlastung erzielen können. Mit dem Thema Prioritätensetzung schreiben wir auch das ISEK fort. Beide Prozessstränge sind mittelfristig angelegt. Gleichwohl sind auch kurzfristige Ergebnisse gewünscht und gefordert."

Einbindung der Mitarbeiter ist essentiell


Es sei essentiell für den Prozess, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für diesen Prozess zu gewinnen, sagte Markurth. Denn es werde an ihnen sein, Prozesse und Abläufe kritisch zu überprüfen und Potentiale für eine Haushaltsoptimierung zu benennen. "Dies sind nicht nur Top-Down-, sondern in erster Linie Bottom-up-Prozesse. Wir brauchen das Fachwissen der Mitarbeiterschaft", so der OB. "Ziel ist es, mit einem partizipativen Ansatz Aufgaben, Standards und Prozesse kritisch zu überprüfen. Es geht darum, Effizienzpotentiale zu heben." Wichtig sei: Niemand müsse sich Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen.

Dies werde er den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am 25. Februar in der Volkswagenhalle in einer Mitarbeiterversammlung gemeinsam mit Herrn Greskowiak erläutern. Schon heute habe er dazu eine Videobotschaft im städtischen Intranet eingestellt. Bezüglich der Mitarbeiterversammlung bat er die Öffentlichkeit jetzt schon um Verständnis, dass es an dem Tag zu Einschränkungen städtischer Angebote kommen werde. Darüber werde rechtzeitig informiert.


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