Ist der Impf-Brief der Stadt "fragwürdige Wahlwerbung"?

Die BIBS-Fraktion kritisiert die Beteiligung des Dezernenten für das Impfzentrum Dr. Thorsten Kornblum, da dieser auch Oberbürgermeisterkandidat der SPD ist. Die Stadt weist die Vorwürfe zurück.

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Die BIBS kritisiert die Beteiligung von Dr. Thorsten Kornblum am schriftlichen Impf-Appell der Stadt. Archivbild.
Die BIBS kritisiert die Beteiligung von Dr. Thorsten Kornblum am schriftlichen Impf-Appell der Stadt. Archivbild. | Foto: Alexander Dontscheff

Braunschweig. Kürzlich haben sich Oberbürgermeister Ulrich Markurth und der zuständige Dezernent für das Impfzentrum Dr. Thorsten Kornblum in einem persönlichen Anschreiben an nahezu alle Braunschweigerinnen und Braunschweiger gewandt, um an diese zu appellieren, sich - falls noch nicht geschehen - impfen zu lassen (regionalHeute.de berichtete). Wie die Stadt gegenüber unserer Online-Zeitung bestätigt, sind für Druck und Versand 127.000 Euro investiert worden. Doch nicht daran gibt es aktuell Kritik, sondern an der Beteiligung von Dr. Thorsten Kornblum, da dieser gleichzeitig Oberbürgermeisterkandidat der SPD ist und dies somit eine fragwürdige Wahlwerbung sein könne.


"Die zeitliche und personelle Nähe des Schreibens zu den bevorstehenden Kommunalwahlen ist Grund genug, hier einen Zusammenhang zu sehen. Geht da ein Amtsvorgänger mit seinem potenziellen Amtsnachfolger gemeinsam an die Öffentlichkeit?", fragt die BIBS-Fraktion im Rat der Stadt in einer Pressemitteilung. Wäre nicht gerade Vorwahlzeit, könnte man an der Aktion kaum Anstoß nehmen. Aber so sei dies eine gute Gelegenheit, die Übergabe des Staffelstabs dezent, aber in voller Breite vorzubereiten – an den Parteifreund und damit den designierten Nachfolger. Der sei als zuständiger Dezernent für das Impfzentrum natürlich mit von der Partie. "Natürlich?! - Da trifft es sich gut, dass der Mitunterzeichner sich als potenzieller Nachfolger schon in Stellung gebracht hat", so BIBS-Ratsherr Peter Rosenbaum.

"Eventuell parteipolitisch motiviertes Vorgehen"


Selbstverständlich könne, vielleicht sogar müsse der oberste Repräsentant der Stadt, Oberbürgermeister Markurth, für eine weitere Erhöhung der Impfbereitschaft im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger der Stadt werben. "Wird das Gewicht größer und die Argumentation überzeugender, wenn ein Dezernent mit unterzeichnet?", bezweifelt die BIBS. Aber wie könne man nur kritisieren, dass die verantwortlichen gewählten Kommunalpolitiker ihre Arbeit ordentlich machten und ihre Aufgaben ernst nehmen würden? Für Kritik daran könne es doch keine sachlichen, sondern nur (partei)politische Gründe geben. "Richtig! Genauso wenig, wie die Unterschrift des Herrn Kornblum für die notwendige zusätzliche Impfakzeptanz sorgt, beschädigt die Kritik an diesem Vorgehen grundsätzlich das Impfanliegen. Aber am Anschein eines eventuell parteipolitisch motivierten Vorgehens muss man politische Kritik üben (dürfen)“, so Rosenbaum abschließend.

Die Stadtverwaltung kann den Vorwurf der BIBS nicht nachvollziehen, teilt diese auf Nachfrage von regionalHeute.de mit. Dr. Thorsten Kornblum sei der für das Impfzentrum Braunschweig verantwortliche Dezernent, das Impfzentrum zähle also zu seinen dienstlichen Pflichtaufgaben. Seit Beginn der Planungen für die Impfzentren in Niedersachsen im Spätherbst vergangenen Jahres verantworte er alle organisatorischen Planungen zur Etablierung des Impfzentrums sowie dessen Arbeit seit dem Start der Impfungen Ende vergangenen Jahres. Wöchentlich leite er die Task Force „Impfzentrum“ mit internen und externen Beteiligten. Er habe sich über die Monate hinweg kontinuierlich in Pressemitteilungen sowie auf der städtischen Internetseite und Sozialen Medien in regelmäßigen Videos zum Stand der Impfkampagne in Braunschweig geäußert, Hinweise gegeben und zum Impfen aufgerufen. Für besonders wichtige öffentlichkeitswirksame Schritte sei er vom Oberbürgermeister unterstützt worden, so hätten beide gemeinsam das Impfzentrum im Februar der Presse vorgestellt und ebenfalls im Frühjahr den gemeinsamen Brief zum Start der Impfkampagne an die über 80-jährigen Braunschweigerinnen und Braunschweiger unterzeichnet.

"Inhaltlich kein Zusammenhang zur Wahl"


In diese fachlichen Aktivitäten reihe sich nahtlos der rein sachlich verfasste und jüngst versandte Brief an die Braunschweiger Bevölkerung ein. Dieser sei auch zeitlich unabweisbar, wie die Verwaltung im Rahmen der Pressemitteilung und der Beantwortung weiterer Presseanfragen deutlich gemacht habe: "Maßnahmen zur Erhöhung der Impfquote sind jetzt geboten, wenn sie im Herbst Wirkung zeigen sollen. So agieren auch der Bund und das Land Niedersachsen. Die Verwaltung kann selbstverständlich mit der Erledigung dringlicher fachlicher Aufgaben auch nicht auf Wahlentscheidungen warten, zumal inhaltlich kein Zusammenhang erkennbar ist", so die Stadt abschließend.


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